Die ehemalige Meinl Bank hatte sich im Juni in Anglo Austrian Bank (AAB) umbenannt.

Foto: APA / Herbert Neubauer

Brennheiß – eiskalt: So kam es in den vergangenen sechs Tagen für die vormalige Meinl Bank. Ende voriger Woche hatten die Aufseher von der Europäischen Zentralbank (EZB) dem Institut die Lizenz entzogen, am Mittwoch, kurz vor Mitternacht, hatte die heutige Anglo Austrian Bank (AAB) diese wieder zurück. Seither ist sie wieder eine Bank.

Der Grund: Die Privatbank, die Julius Meinl V. zuzurechnen ist, hatte gegen den EZB-Beschluss Rechtsmittel eingelegt und die Aufhebung seiner sofortigen Wirksamkeit beantragt. Letzteres hat das zuständige Gericht der Europäischen Union im Eilverfahren bewilligt – somit ist die Lizenz wieder aufrecht. Begründung des Gerichts: Der sofortige Vollzug würde für die Bank eine "unumkehrbare Situation" schaffen. Soll heißen: Eine einmal abgewickelte Bank kann kaum noch zum Leben erweckt werden, sollte das Gericht die EZB-Entscheidung kippen. Über den Antrag auf Nichtigerklärung des EZB-Beschlusses wird später entschieden.

Rückzug in Ruhe

Die AAB, die mit der österreichischen Aufsichtsbehörde FMA seit Jahren im Clinch liegt, will nun den Betrieb wieder aufnehmen, das werde aber ein wenig dauern, wie es hieß.

Im Verfahren der EZB hat die Bank, wie berichtet, angeboten, sich selbst abzuwickeln. Das konzessionspflichtige Einlagen- und Kreditgeschäft habe man bereits zurückgefahren, argumentierte die AAB in Stellungnahmen an die EZB. Darauf spielte Exbankchef Peter Weinzierl am Donnerstag imÖ1- Mittagsjournal an, als er meinte, es mache "mehr Sinn, diesen Rückzug in Ruhe zu machen als unter Chaos und Druck".

Offene Fragen

Ein gerüttelt Maß an Chaos hat das Hin und Her schon gebracht. Die FMA ließ wissen, dass sie die neue Rechtslage nun prüfe. Offen ist auch, wie es mit der Führung der Bank weitergeht. Denn noch am Freitag hatte das Handelsgericht Wien auf FMA-Antrag zwei Liquidatoren eingesetzt, der AAB-Vorstand wurde abberufen. Auch gegen diesen Beschluss legte die AAB Rechtsmittel ein.

Fragen, die nicht geklärt sind: Gehen die Liquidatoren, kommt der Vorstand zurück? Braucht es dazu einen Antrag der AAB, oder entscheidet das Gericht von sich aus? Ein Sprecher des Handelsgerichts dazu: "Wir prüfen, ob wir amtswegig tätig werden." Der Grund für den juristischen Nebel an diesem sonnigen Herbsttag in Wien: So etwas gab’s noch nie. Banker, Aufseher, Gericht fanden sich in einer recht außergewöhnlichen juristischen Lage wieder.

Kredit von Kunden

Zu Wochenanfang hatten Kunden bereits Geld von der AAB abgeholt; für Kunden mit hohen Einlagen (bis zu 100.000 Euro sind gesetzlich abgesichert) hat sich die AAB etwas Besonderes ausgedacht. Sie bekamen am Mittwoch das bis 14 Uhr gültige Angebot, der AAB 90 Prozent ihrer Einlage als Kredit zur Verfügung zu stellen, zehn Prozent würden binnen 30 Tagen bar ausbezahlt. Besichern will die AAB die Kredite (mindestens 50 Millionen Euro müssten es laut Anbot werden) aus einem "Sicherheitspool", bestehend aus 37 Millionen Euro, die die AAB für strittige Forderungen der Finanz deponiert hat, und mindestens 30 Millionen Euro, die sie von ihrer Managerhaftpflichtversicherung zu bekommen hofft.

Sollte weniger Geld hereinkommen, hätten die Kunden das Nachsehen. Eine der Bedingungen für den Deal war die Zustimmung der Liquidatoren. Die teilten aber auf Anfrage des STANDARD mit, dass das Schreiben nicht mit ihnen abgestimmt gewesen sei und sie auch nachträglich keine Zustimmung dazu erteilt hätten. In Bankkreisen hieß es, die aktuellen Entwicklungen hätten dieses Angebot obsolet gemacht. (Renate Graber, 21.11.2019)

Dieser Artikel wurde aktualisiert