Marcel Hirschers Helm hat einen Rechtsstreit zwischen zwei heimischen Großbanken ausgelöst. Im Internet stellen sich solche Fragen häufig.

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Der Rücktritt des Skistars Marcel Hirscher im September hat nicht nur sportbegeisterte Österreicher bewegt, sondern auch Anwälte, die auf geistiges Eigentum spezialisiert sind.

Ein mit diesem Ereignis verbundener Fall landete schnell vor Gericht und schlug auch medial große Wellen: Die Erste Bank hatte im Rahmen ihrer Kampagne #glaubandich in einem Werbefilm ein Foto von Hirschers Helm gezeigt, der das Logo des Sponsors Raiffeisen trägt. Raiffeisen klagte deshalb und beantragte eine einstweilige Verfügung. Dieser Antrag wurde in erster Instanz allerdings abgewiesen.

Wenn ein Unternehmen die Marke eines Konkurrenten aus derselben Branche verwendet, so ist dies grundsätzlich eine Markenverletzung. Doch es ist nicht immer unzulässig, Marken von Konkurrenten zu verwenden. Es gibt viele Fälle, in denen dies notwendig und erlaubt ist. In der Praxis häufen sich solche Fälle, weil die Grenze zwischen erlaubter Bezugnahme und Markenverletzung schwer zu ziehen ist.

Neue Werbemöglichkeiten

Früher waren die Sachverhalte oft einfacher, und es wurde mehr darüber gestritten, ob zwei von Konkurrenten verwendete Marken zu ähnlich seien. Solche Fälle kommen heute immer seltener vor ein Gericht. Dafür bietet vor allem das Internet neue Werbemöglichkeiten, die zu komplexeren rechtlichen Fragen führen.

Vergleichende Werbung von Produkten ist nach EU-Recht im Interesse der Verbraucher, fördert den Wettbewerb und kann nur funktionieren, wenn die Produkte über ihre Marken bezeichnet werden dürfen. Deshalb hat der Europäische Gerichtshof bereits vor zehn Jahren entschieden, dass es nicht grundsätzlich unzulässig ist, die Marke eines Konkurrenten als Google Ad zu buchen, um sein eigenes Angebot zu bewerben.

Die Anzeige muss aber so gestaltet sein, dass Verwechslungen ausgeschlossen sind. Die Verbraucher müssen erkennen, dass nicht das von ihnen über Google gesuchte Produkt angezeigt wird, sondern eine Alternative dazu.

Ortlieb gegen Amazon

Wie schwer die Grenze zu ziehen ist, zeigen die Fälle, in denen Ortlieb, ein deutscher Hersteller von Fahrradtaschen, gegen die Verwendung seiner Marke durch Amazon vorgegangen ist. Kürzlich gab der deutsche Bundesgerichtshof einer Klage gegen eine von Amazon gebuchte Google-Anzeige statt, weil nach Anklicken der Anzeige auch Taschen der Konkurrenzmarke Vaude angeboten wurden.

Wenn ein Verbraucher – offline oder online – nach einer bestimmten Marke „fragt“, erwartet er nur Produkte dieser Marke und keine Konkurrenzangebote. Vor einem Jahr war eine ähnliche Klage von Ortlieb (vorerst) nicht erfolgreich, weil die unteren Instanzen noch nicht geklärt hatten, wie Verbraucher Trefferlisten der internen Suchmaschine von Amazon mit gemischten Angeboten verstehen.

Entscheidend ist somit immer die ganz konkrete Gestaltung der Anzeigen und die damit geweckte Erwartungshaltung der Verbraucher, welche Produkte ihnen angeboten werden.

Markeninhaber versuchen auch immer wieder, den Vertrieb ihrer Produkte und deren Bewerbung durch Händler zu kontrollieren. Sobald ein Markenprodukt aber zulässigerweise in der EU oder im EWR in Verkehr gebracht worden ist, sind die Rechte erschöpft.

Händler der Originalprodukte dürfen die Marke dann auch in ihrem Webshop abbilden oder auf Versandkartons abdrucken, selbst wenn sich in dem Karton gar keine Produkte dieser Marken finden.

Wortmarke ja, Logo nein

In manchen Fällen haben die Gerichte erlaubt, die bekannte Wortmarke eines Autoherstellers zu verwenden, um etwa darauf hinzuweisen, dass Tuning-Chips kompatibel sind oder Autos dieser Marke in einer Werkstätte repariert werden. Die Abbildung des Logos wurde aber als überschießend angesehen. Ob ein Logo tatsächlich mehr Image transportiert als eine Wortmarke und eher zu einer Rufausbeutung führt, kann bezweifelt werden.

Im Fall von Marcel Hirscher hatte die Erste Bank zwar das geschützte Raiffeisen-Logo in identischer Weise für die Bewerbung von Finanzdienstleistungen verwendet, in dem Film war aber das ähnlich bekannte Logo der Ersten Bank zu sehen.

Verbraucher können so zwischen den Banken unterscheiden und die Werbung dem richtigen Unternehmen zuordnen. Die Funktion der Marke, Verwechslungen von Produkten und Rufausbeutung zu verhindern, werden so nicht beeinträchtigt.

Der Fall wurde – soweit bekannt – noch nicht endgültig entschieden, und abweichende Entscheidungen der verschiedenen Instanzen sind in solchen Fällen nicht ungewöhnlich. Die Gerichte sind offensichtlich bemüht, ausgewogene Entscheidungen zu treffen und wertvolle Marken zwar zu schützen, aber auch nicht jede Bezugnahme auf sie als Markenverletzung zu untersagen.

Für Unternehmen bedeutet dies aber, dass schwer zu erkennen ist, wann die Grenze des Zulässigen überschritten wird. (Michael Horak, 21.11.2019)