Kürzlich bekräftigte Gernot Blümel im ORF, dass die ÖVP nicht in die Causa involviert sei. Neue Chatprotokolle zeichnen ein anderes Bild.

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Wien – Fast täglich tauchen neue Chatprotokolle in der Affäre rund um die Bestellung des FPÖ-Manns Peter Sidlo zum Finanzvorstand der Casinos Austria auf. Auch die Liste von Namen, die involviert sein sollen, wird länger. Novomatic-Chef Harald Neumann hatte bezüglich eines Vorstandsumbaus in der Casinos Austria AG offenbar Kontakt zur ÖVP-Spitze, der damalige Europaminister und Regierungskoordinator Gernot Blümel (ÖVP) soll ebenfalls in die Vorgänge eingeweiht gewesen sein, berichtet das Nachrichtenmagazin "Profil".

Neumann kontaktierte am 26. April 2018 via SMS den damaligen Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP) sowie dessen Kabinettschef Thomas Schmid, der mittlerweile Vorstand der Staatsholding Öbag ist. "Hast du den Artikel wegen 4. Vorstand gelesen??", schrieb Neumann an Schmid und setzte in einer zweiten Nachricht nach: "Irgendjemand von ÖBIB sollte sagen, dass 3 Vorstände reichen und man das Team bis nächstes Jahr nicht verändern will!!"

"Bitte auch Blümel sagen!"

Neumann bezog sich damit auf vorangegangene Berichte der APA und der "Niederösterreichischen Nachrichten", dass der Casinos-Vorstand von drei auf vier Personen aufgestockt werden solle. Schmid antwortete laut "Profil": "Bitte auch Gernot Blümel sagen! Hast du das gestern nicht angesprochen?" Darauf soll Neumann geantwortet haben: "Hab ich!! Man muss nur auf den Artikel reagieren, sonst glauben alle, dass das jetzt kommt!!" Gegenüber der APA meinte Neumann am darauffolgenden Tag, ob es einen vierten Vorstand geben werde, komme darauf an, ob man diesen brauche. Das sei allerdings Angelegenheit des neuen Aufsichtsrats.

Ein ORF-Beitrag über die Casinos-Causa.
ORF

In einer weiteren Nachricht von Neumann an Schmid wird ein "Meeting mit Seb" im Umfeld einer Aufsichtsratssitzung erwähnt. Laut "Profil" hält die Wirtschafts- und Korruptionsstaatanwaltschaft (WKStA) dazu in einem Amtsvermerk fest, dass mit "Seb" wohl der damalige Bundeskanzler Sebastian Kurz gemeint gewesen sei. Ursprünglich wurde davon ausgegangen, dass diese Nachricht im Februar 2018 verschickt wurde. Am Freitag berichtete aber das von der Liste Jetzt gegründete Onlinemedium "Zackzack.at", dass diese Nachricht im Februar 2019 verschickt wurde. Damit wäre das Treffen drei Wochen vor Sidlos Bestellung ein Thema gewesen und nicht gut ein Jahr davor.

Neumann erkundigte sich im Februar 2018 bei Schmid auch bezüglich des damals geplanten Verkaufs des Casinos-Auslandsgeschäfts CAI: "Gibt es von Seiten SK oder GB eine Entscheidung betreffend Kasino International?"

Die ÖVP wollte sich zu dem Bericht gegenüber nicht im Detail äußern, weil die Nachrichten mit dem angeblichen FPÖ-Deal mit Novomatic zu Casinolizenzen rund um die Vorstandsbestellung von Peter Sidlo ein Jahr später nichts zu tun hätten.

Blümel streitet Mitwissen der ÖVP ab

Bisher hat die ÖVP stets bekräftigt, nichts von dem Deal rund um Sidlos Bestellung gewusst zu haben. Kürzlich sagte Blümel in einem "ZiB 2"-Interview, er könne ausschließen, dass die ÖVP etwas von der Sache gewusst habe. Ex-Finanzminister Löger meinte vergangenes Wochenende gegenüber der "Krone", er habe den damaligen Kanzler und ÖVP-Chef Sebastian Kurz nicht über die Vorgänge bei den Casinos informiert.

Die Staatsanwaltschaft ermittelt sowohl gegen Neumann als auch gegen Schmid in der Postenschacheraffäre. Schmid wird Beitragstäterschaft zur Bestechung vorgeworfen, Neumann Bestechung und Untreue. Alle involvierten Personen bestreiten die Vorwürfe, es gilt die Unschuldsvermutung.

SPÖ und Neos fordern Abberufung von Schmid

Dass die ÖVP-Spitze im Ermittlungsakt namentlich vorkommt, kritisierte der stellvertretende SPÖ-Klubchef Jörg Leichtfried. Er sieht darin die Position der SPÖ bestätigt, rasch einen Untersuchungsausschuss einzusetzen. Die FPÖ beharrte bei einem solchen auf die Themen-Ausweitung. "SPÖ und ÖVP wollen sich nicht unter die Tuchent schauen lassen", bekrittelte FPÖ-Klubchef Herbert Kickl vor allem Aussagen von SPÖ-Chefin Pamela-Rendi Wagner, den eigentlichen Untersuchungsgegenstand nicht "verwässern" zu wollen.

Die Neos forderten am Donnerstag Schmids "sofortige Abberufung". Die SPÖ will aus demselben Grund kommende Woche im Nationalrat beantragen, dass Finanzminister Eduard Müller eine Hauptversammlung der Öbag einberufen soll, bei der der in der Casinos-Affäre unter Druck geratene Schmid aus dem Amt entfernt werden soll. Öbag-Aufsichtsratschef Helmut Kern hatte Schmid vor einigen Tagen im ORF-Radio den Rücken gestärkt.

Gestern war Stephanie Krisper von den Neos und der ehemalige Topmanager Claus Raidl (ÖVP) zu Gast im STANDARD-Studio, um über Postenschacher zu diskutieren. Sehen Sie hier einen Ausschnitt
DER STANDARD

Die Causa

In der Causa Casinos geht es um die Bestellung des ehemaligen Wiener FPÖ-Bezirksrats Peter Sidlo zum Finanzvorstand der Casinos Austria AG. Er war im Frühjahr 2019 mit den Stimmen der Casinos-Aktionäre Novomatic und Republik Österreich in den Vorstand gewählt worden, die Aufsichtsräte der tschechischen Sazka-Gruppe enthielten sich der Stimme. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) ermittelt gegen elf Beschuldigte, ob für Sidlos Bestellung Novomatic Glücksspiellizenzen in Aussicht gestellt wurden. Unter den Beschuldigten sind unter anderem auch Ex-Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) und Ex-Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP). Im August und November gab es mehrere Hausdurchsuchungen. (red, APA, 21.11.2019)