Pochettino in Lederhosen? Es ist vorstellbar.

Foto: APA/AP Photo/Darko Vojinovic

München – Beim Treffen der Münchner Trainerfindungskommission mit ihrem internationalen Chefvermittler im noblen Bogenhauser Hof blieb kaum Zeit für den Genuss der argentinischen Rotschwanzgarnelen auf Limonenrisotto. Stattdessen sprachen die Fußball-Feinschmecker Karl-Heinz Rummenigge und Hasan Salihamidzic mit Giovanni Branchini über wichtige Themen – auch über einen argentinischen Coach?

Die Entlassung von Mauricio Pochettino bei Tottenham Hotspur hat plötzlich wieder Bewegung in die Trainersuche des FC Bayern gebracht. Die Vorbereitung für das Auswärtsspiel bei Fortuna Düsseldorf am Samstag (15.30 Uhr, Sky) leitet zwar wie von den Bossen versprochen Hansi Flick, der Assistent des geschassten Niko Kovac soll bis zur Winterpause bleiben. Doch mit dem Trainingslager in Katar im Jänner könnte Pochettino übernehmen.

Pochettino war bereits Kandidat

Die Bayern schätzen den 47-Jährigen sehr. Pochettino habe aus den Spurs einen "Farbfleck in dieser Fußballwelt" gemacht, lobte Rummenigge den Coach vor dem fulminanten 7:2 der Münchner bei Tottenham im Oktober in der Champions League. "Pochettino ist ein Mann, der ähnlich wie wir auf Ballbesitz, auf Offensivgeist spielt und sich nicht defensiv groß um den Gegner kümmert", führte der Bayern-Boss aus, "das ist bei uns eigentlich auch der Fall."

Pochettino und die Bayern – das könnte passen. Auch weil Salihamidzic den Weg des früheren Verteidigers (20 Länderspiele, WM-Teilnahme 2002) seit geraumer Zeit eng verfolgt. Schon vor der Kovac-Verpflichtung 2018 war Pochettino wohl Kandidat in München, seit vergangenem Frühjahr soll Salihamidzic ihn immer mal wieder kontaktiert haben. Auch im Sommer beim Audi-Cup, wo Tottenham im Finale gegen die Bayern gewann, gab es ein freundschaftliches Gespräch.

Keine Deutschkenntnisse

"Der Vorstand kümmert sich jetzt um die Sache und wird versuchen, den besten Trainer für den FC Bayern zu bekommen", hatte der neue Vereinspräsident Herbert Hainer nach seiner Inthronisierung vergangenen Freitag gesagt. Ist Pochettino der beste Mann für diesen anspruchsvollen Job? Vieles spricht dafür.

Dass Pochettino kein Deutsch spricht, dürfte kein Hinderungsgrund sein. Dieses Kriterium soll nach dem Abschied des langjährigen Patrons Uli Hoeneß in der Prioritätenliste nach unten gerutscht sein. Fachlich ist Pochettino über jeden Zweifel erhaben. Sein Stil ist ebenso flexibel wie modern. Zudem gilt er als Förderer der Jugend und Spielerversteher. Als sein Aus in Tottenham öffentlich wurde, bedankten sich Stars wie WM-Torschützenkönig Harry Kane und Heung-Min Son überschwänglich bei ihm.

Pochettino ist allerdings auch anderswo gefragt. In Spanien wird über eine Rückkehr in seine einstige Wahlheimat spekuliert, in der er für Espanyol Barcelona als Profi und Trainer tätig war. Real Madrid gilt perspektivisch als interessiert, einen Wechsel zum FC Barcelona schloss Pochettino, der dort ein Haus besitzt, wegen seiner Vergangenheit beim Stadtrivalen 2017 aus.

Kaum Alternativen

In den Münchner Fokus ist Pochettino auch gerückt, weil es kaum Alternativen gibt. Pep Guardiola, das mussten dieser Tage auch die Träumer erkennen, wird bei Manchester City bleiben. Erik ten Hag ist wie Thomas Tuchel, zu dem laut kicker weiter Kontakt besteht, frühestens im Sommer zu haben. Gut möglich also, dass Pochettino bald persönlich im Bogenhauser Hof vorbeischaut. (sid, 21.11.2019)