Laut einer Sachverhaltsdarstellung war Ibiza nicht das erste Mal, dass die Hintermänner auf heimliche Videoüberwachung zurückgriffen

Foto: APA/DPA/Schutt

Die Geschichte ist wie für den Boulevard gemacht: "Ibiza-Täter: Neue Erpressung mit Sex-Video", titelte am Donnerstag das Onlinemedium oe24.at. Die Story ist ein weiteres Beispiel dafür, wie Kreise rund um den ehemaligen FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache und seinen einstigen Vize Johann Gudenus versuchen, negative Geschichten über die Hintermänner des Ibiza-Videos zu lancieren. Schützenhilfe erhalten sie dabei von Gert Schmidt, Herausgeber der Plattform EU-Infothek, und seinen Detektiven, die in der Vergangenheit der Ibiza-Videoproduzenten wühlen.

Besonders ins Visier genommen hat das Team Strache und Gudenus dabei den Ibiza-Detektiv J. H., der im Video als Begleiter der Oligarchennichte zu sehen ist, sowie den Wiener Rechtsanwalt M., der das Video offenbar zu verkaufen versucht hat. Um an negatives Material über J. H. und M. zu kommen, werden offenbar der Reihe nach Informanten geworben. Laut einem Dokument der Staatsanwaltschaft zahlte der EU-Infothek-Herausgeber Schmidt mindestens 60.000 Euro an zwei Verdächtige, um belastendes Material gegen J. H. zu generieren. Sachverhaltsdarstellungen, die Schmidts Recherchen zur Anzeige brachten, wurden dann von Gudenus’ Anwalt Heinz Schimanko verfasst.

Ein ORF-Beitrag über die neuesten Entwicklungen der Ibiza-Affäre.
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Recherchen im Ibiza-Umfeld

Aktuell geht es eben um die erwähnte "Sex-Video"-Geschichte. Die ist schnell erzählt: Angeblich befand sich ein Freund von J. H. in einem Sorgerechtsstreit. Die Mutter des Kindes arbeitete als Prostituierte, sie soll heimlich gefilmt und dann mit dem Material erpresst und bedroht worden sein – und zwar von einem Bekannten von J. H., wie die Betroffene "nach Recherchen von Gert Schmidt" herausfand. Allerdings sind die erkauften Informationen, die über die EU-Infothek auch an oe24.at gelangen, mit Vorsicht zu genießen. So denkt die Staatsanwaltschaft, dass Gert Schmidt mit falschem Material versorgt wurde. Ein Foto, das eine Hanfplantage von J. H. zeigen soll, stammt laut Staatsanwaltschaft tatsächlich aus einem Online-Artikel der Badischen Zeitung, hat also mit der Ibiza-Causa wenig zu tun. Schmidt bestreitet jedoch vehement, geschädigt worden zu sein. "Alle Informationen sind korrekt", sagt er dem STANDARD.

Die Sachverhaltsdarstellungen, die Gudenus’ Anwalt Schimanko verfasste, dürften auch zu den zuletzt erfolgten Festnahmen und Razzien beigetragen haben. Die Staatsanwaltschaft hat Untersuchungshaft für drei der Festgenommenen beantragt, eine Entscheidung fällt bis Freitagabend.

Rechtsanwaltskammer wartet

Bezüglich der Frage einer möglichen Suspendierung von Ibiza-Anwalt M., der als Verdächtiger in mehreren Delikten geführt wird, gibt sich die Rechtsanwaltskammer abwartend. "Die Verhängung einer allfälligen einstweiligen Maßnahme stellt einen erheblichen Grundrechtseingriff dar", sagt Rechtsanwaltskammer-Präsident Michael Enzinger. Die Causa werde aber mit Nachdruck geprüft. M. darf bis dahin weiter ohne Einschränkungen als Rechtsanwalt arbeiten. Das wird in Juristenkreisen mittlerweile zusehends mit Skepsis gesehen. Für alle Genannten gilt die Unschuldsvermutung. (fsc, krud, 21.11.2019)