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Ärger für Israels Regierungschef Netanjahu.

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Monatelang hat das Land auf seine Entscheidung gewartet, am Donnerstagabend nun hat er sie verkündet: Generalstaatsanwalt Avichai Mandelblit wird Premierminister Benjamin Netanjahu wegen Bestechlichkeit, Betrugs und Untreue in drei Fällen anklagen. Damit ist Netanjahu der erste Premier des Landes, gegen den noch während seiner Amtszeit Anklage erhoben wird. Ihm drohen bis zu zehn Jahre Haft.

Drei Fälle

Worum geht es? Im Fall 4000 soll Netanjahu dem Telekommunikationsunternehmen Bezeq regulatorische Vorteile verschafft haben. Im Gegenzug soll Eigentümer Shaul Elovitch dafür gesorgt haben, dass sein Online-Nachrichtendienst "Walla" positiver über die Netanjahus berichtet. Hier will Mandelblit in allen drei Punkten Anklage erheben.

Im Fall 1000 wird Netanjahu vorgeworfen, teure Geschenke wie Champagner und Zigarren von reichen Gönnern angenommen zu haben. Im Gegenzug habe der Premier ihnen Vorteile verschafft. Im Fall 2000 soll Netanjahu mit dem Herausgeber der Tageszeitung "Jediot Achronot", Arnon Moses, über einen Deal verhandelt haben: Wenn "Jediot" freundlicher über Netanjahu berichte, wolle der ihnen den größten Konkurrenten, das Gratisblatt "Israel Hayom", vom Leibe halten. In beiden Fällen geht es um Bestechlichkeit und Untreue.

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Israels Premierminister Benjamin Netanjahu wird wegen Bestechlichkeit, Betrug und Untreue in drei Fällen angeklagt.
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Volle Überzeugung vs. "Putschversuch"

"Heute ist ein trauriger Tag", sagte Mandelblit am Abend in einer Stellungnahme. "Ich habe die Entscheidung schweren Herzens, aber aus voller Überzeugung getroffen." Nur rechtliche Gründe hätten dafür einen Rolle gespielt, erklärte Mandelblit und forderte auch den Staatschef persönlich auf, den aggressiven Diskurs gegen das Rechtssystem zu stoppen.

Netanjahu hatte in den vergangenen Monaten immer wieder von einer Hexenjagd gesprochen. Ähnliche Töne schlug er am Donnerstagabend an: Er warf den Behörden einen Putschversuch vor. Man habe nicht nach der Wahrheit gesucht, sondern ihn verfolgt. Es sei an der Zeit, gegen die Ermittler zu ermitteln, so Netanjahu. Er selbst wolle das Land weiter anführen.

Kein Rücktritt in Sicht

Die Opposition rief den Premier zum Rücktritt auf. Rechtlich ist er dazu nicht verpflichtet – und hat im Vorfeld bereits angekündigt, im Amt bleiben zu wollen. Doch Mandelblits Ankündigung fällt in eine Zeit der innenpolitischen Krise, in der Netanjahu um sein politisches Überleben kämpft: Weder ihm noch seinem Herausforderer Benny Gantz war es gelungen, eine Koalition auf die Beine zu stellen.

Am Mittwochabend hatte Netanjahus Rivale Benny Gantz hat das Mandat zur Regierungsbildung an Staatspräsident Reuven Rivlin zurückgegeben.
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Verschärft politische Lage

Am Mittwochabend hatte Gantz das Mandat zur Regierungsbildung an Staatspräsident Reuven Rivlin zurückgegeben. Dieser sprach von einem traurigen politischen Ergebnis: "Dies ist eine Zeit beispielloser Dunkelheit in der Geschichte des Staates Israel." Um jetzt noch eine Einigung zu erzielen, müssten zumindest einzelne Kandidaten von ihren Wahlversprechen und Prinzipien abrücken und ins andere Lager wechseln. Das ist alles andere als wahrscheinlich. Damit deutet alles darauf hin, dass die Israelis bald wieder wählen werden – zum dritten Mal innerhalb eines Jahres.

Mit Mandelblits Ankündigung dürfte allerdings Netanjahus Rückhalt in den eigenen Reihen schwinden. Langzeitrivale Gideon Saar steht schon in den Startlöchern, er will Netanjahu an der Parteispitze ablösen und kündigte am Donnerstag an, eine Regierung bilden zu wollen, um das Land zu vereinen. (Lissy Kaufmann aus Tel Aviv, 21.11.2019)