Grünen-Spitzenkandidatin Sandra Krautwaschl will – sollte es sich rechnerisch ausgehen – auch in der Steiermark mit der Volkspartei verhandeln.

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Es dürfte aller Voraussicht nach in den nächsten Jahren kunterbunt zugehen im steirischen Landtag: Zu den Schwarz-Türkisen, den Roten und Blauen, den Grünen und "dunkelroten" Kommunisten könnten sich erstmals laut Umfragen auch die pinken Neos gesellen.

"Es schaut gut aus, die Resonanz im Wahlkampf ist toll, wir spüren einen Rückenwind. Ich glaub', die Steiermark ist jetzt wirklich reif für die Neos", sagt deren 28 Jahre alter Spitzenkandidat Niko Swatek vor der Landtagswahl am Sonntag. Drei Schwerpunkte möchte er im Landesparlament einbringen: politische Kontrolle samt Parteiengelder-Durchleuchtung, Bildung und "endlich die vorhandenen innovativen Potenziale des Landes nutzen".

Schützenhöfer: "Haben auch nicht alles gehabt"

Eines hat der Jungpolitiker jedenfalls schon gelernt: wie man den "Landesvater" Hermann Schützenhöfer (ÖVP) reizt. In der letzten TV-Runde warf Swatek dem Landeschef vor, er trage Mitschuld an der Verödung der Regionen, weil es unter anderem viel zu wenige Kinderbetreuungsplätze gebe. Da entfuhr es Schützenhöfer: "Wir haben das auch alles nicht gehabt und haben auch gerade Glieder."

Den Fokus auf die sozialen Fragen legt die bodenständig-eloquente KPÖ-Spitzenfrau Claudia Klimt-Weithaler. Sie ist in ihren Attacken auf die SPÖ-ÖVP-Regierung ebenfalls nicht zimperlich. Die Kommunisten rutschten 2015 mit einem Überhang von nur ein paar Hundert Stimmen in den Landtag. Auch jetzt scheint es wieder eng zu werden.

Die Grünen haben diesmal ein Freispiel, seit der Nationalratswahl wachsen der Partei auch im Bundesland die Flügel. 2015 kamen die Grünen auf 6,7 Prozent, sie träumen nun von einer Verdoppelung.

Grüner Zulauf aus der ÖVP

Eine der zentrale Fragen in diesem Wahlkampf war: Werden die ÖVP und die Grünen es schaffen, so viel zuzulegen, dass sie auch in der Steiermark in die Lage kommen, eine gemeinsame Regierung zu verhandeln? Ein rechnerisch zwar sehr unwahrscheinlicher Fall, aber nicht ganz auszuschließen, vorausgesetzt, die Neos und die KPÖ verpassen den Einzug ins Landesparlament.

Grünen-Spitzenkandidatin Sandra Krautwaschl ist daher noch zurückhaltend. "Für mich ist es wichtig, dass wir stärker werden. Wir wollen aus allen Parteien Wähler abholen und zweistellig werden, damit sich im Landtag endlich etwas ändert. Wir spüren und freuen uns, dass sich ein Fenster auftut", sagt Krautwaschl zum STANDARD.

Das Bundesland habe zu viele Versäumnisse aufzuholen, im Klimaschutz, in der Mobilität, in der Gesundheit und Pflege, so Krautwaschl. "Ich bin da ganz zuversichtlich, und das spüren wir in unseren Wahlkampftouren, dass die Menschen zunehmend unzufriedener sind und sich nicht mehr alles gefallen lassen" – speziell in der ÖVP. "Sogar in den schwarzen Hochburgen der agrarisch strukturieren Oststeiermark registrieren wir wirklich viel Sympathie und Zulauf. Denn hier macht sich der Klimawandel, die extremen Wetterkapriolen besonders bemerkbar. Die Leute dort in der Landwirtschaft fühlen sich von der Landespolitik verlassen und klagen, es werde nur geredet."

Verhandlungen mit der ÖVP auf Bundesebene seien kein Nachteil, ganz im Gegenteil. Die Grünen würden davon profitieren, glaubt die Spitzenkandidatin, "weil wir ernsthaft verhandeln und Schwarz-Blau verhindern wollen". Sollte es sich wider Erwarten rechnerisch ausgehen und eine Mehrheit mit der ÖVP und damit Koalitionsverhandlungen möglich sein, "werden wir uns sicher auch hier nicht verschließen". (Walter Müller, 22.11.2019)