Peter Handke: "Ich habe es ein bisschen satt, darüber zu reden, denn es gibt für mich im Grunde nichts zu sagen."

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Peter Handke hat seine Nobelpreisrede bereits abgegeben. Ehe er nach Schweden aufbricht, möchte er die Arbeiten an seinem Prosaband "Das zweite Schwert – eine Maigeschichte" beenden, der im Frühjahr erscheinen soll. Sein erster offizieller Termin in Stockholm ist am 6. Dezember eine internationale Pressekonferenz. Ein Interview mit der APA brach er am Donnerstag ab, als die Rede auf Jugoslawien kam.

In seiner Rede, die er am 7. Dezember in Stockholm hält, wird Handke aus seinem 1982 uraufgeführten dramatischen Gedicht "Über die Dörfer" zitieren sowie eine Andeutung jener "zwei, drei Geschichten, die mir vielleicht noch vergönnt sein werden", geben. Diese werden von Familie handeln, sagt er. "Ich nenne mich immer Familienmensch. Das ist natürlich auch ein frommer oder herzlicher Wunsch, aber mein ganzes Träumen geht eigentlich nur um Familie. Es geht dabei aber auch um die Toten. Die Toten der Familie werden mich bis zu meinem eigenen Hinscheiden auf den Weg bringen und auf dem Weg bleiben lassen. Für alles, was ich noch vorhabe. Und ich hab schon noch einiges vor."

"Zusatzlicht"

Handke hatte davon gesprochen, der Nobelpreis werfe ein willkommenes "Zusatzlicht" auf sein Schaffen. Die Schatten, die durch die wiederaufgeflammte Diskussion über seine Haltung zum Jugoslawien-Krieg entstanden sind, seien vorübergehend, glaubt der Dichter: "Ich bin kein Prophet, aber die Schatten werden nicht bleiben. So war es ja auch immer mit den anderen Sachen, dem Ibsen-Preis, dem Heine-Preis. Danach war so eine seltsame Periode, als ob nie etwas geschehen wäre. Ich wurde dort und dort Ehrenbürger, ich habe die Goldene Nadel von Kärnten bekommen, ich wurde überall eingeladen. Es war, als ob nichts passiert wäre. Und es ist ja auch nichts passiert, in dem Sinn."

Anders als diese Diskussionen werden seine Aufsätze, Essays, Reiseberichte, Reflexionen und Erzählungen zu Jugoslawien Bestand haben, ist sich der Nobelpreisträger sicher: "Wenn irgendetwas bestehen bleiben wird von Geschriebenem zu diesen vom Westen verantworteten Kriegen – im Westen sind die Hauptschuldigen –, wenn da irgendwas bleiben wird, dann werden das meine Sachen sein." Diese Texte müssten gelesen werden "im Rhythmus meiner anderen Sachen. Ich wünsche mir, dass man das darf und nicht sofort geschmäht oder als Irrwitziger angesehen wird, wenn ein Mensch wie ich versucht, mit Sprache, mit Rhythmus Relationen zu setzen. Das ist Literatur."

"Eine Idee der Wirklichkeit"

Für Handke ist das Thema abgehakt. "Ich habe es ein bisschen satt darüber zu reden, denn es gibt für mich im Grunde nichts zu sagen. Ich werde aber agieren ab und zu. Ich stelle mir einiges vor, was ich machen könnte – das werden Sie vielleicht noch erleben. Nichts Böses. Vielleicht, dass mir eine Idee von Versöhnlichkeit kommt. Eine Idee der Wirklichkeit." Fragen nach klärenden Worten gegenüber jenen Menschen, die er mit öffentlichen Äußerungen verletzt habe, sind für Handke – zumal in seinem eigenen Haus in Chaville – allerdings ebenso wenig zulässig wie die nach seinem 1999 ausgestellten jugoslawischen Reisepass. Weitere Fragen bleiben offen. Denn Handke beendet das Gespräch abrupt. (APA, 22.11.2019)