Frankreichs Präsident Macron findet die Stimmung im Land "zu negativ".

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Paris – Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat seinen Landsleuten ein schlechtes Zeugnis ausgestellt: Er finde die Stimmung im Land "zu negativ", sagte der Staatschef bei einem Besuch in seiner Heimatstadt Amiens im Norden des Landes. Dort wollte er am Freitag auch ein früheres Werk des US-Haushaltsgeräteherstellers Whirlpool besichtigen, das nach seiner Wahl zum Präsidenten geschlossen worden war.

Kritik an Gelbwesten

Macron sagte bei einer Diskussion mit Studenten an der Universität Amiens: "Wenn man das Radio oder den Fernseher anmacht, hat man den Eindruck, dass alles fürchterlich ist. Derzeit ist unser Land zu negativ." Vor allem zu Beginn seiner Präsidentschaft hatte der Präsident mit abfälligen Äußerungen über Reformgegner ("Faulenzer") und arbeitslose Demonstranten ("richten Chaos an") viel Kritik auf sich gezogen.

Der Staatschef erneuerte in Amiens seine Kritik an der Gewalt bei Protesten der "Gelbwesten": "Es gibt die Freiheit der Meinungsäußerung, aber sie ist keine Freiheit zum Zerstören", betonte er.

Hitzige Diskussionen

In Amiens hatte Macron vor gut zwei Jahren selbst noch eine gelbe Warnweste getragen – bei einem Besuch bei Whirlpool, wo der damalige Wirtschaftsminister von einer wütenden Belegschaft empfangen wurde. Die Arbeiter warfen ihm vor, nichts gegen die angekündigte Werksschließung zu tun. Die Fabrik mit gut 180 Mitarbeitern machte dann in diesem Sommer dicht.

Ex-Beschäftigte haben Macron am Freitag in angespannter Atmosphäre empfangen. Whirlpool verlagerte laut Medien seine Produktion von Amiens nach Polen. Macron musste sich nun für eine – letztlich gescheiterte – Übernahme des Werks durch einen Unternehmer rechtfertigen. "Es gibt immer ein Teilrisiko", entgegnete er auf entsprechende Vorwürfe von Beschäftigten. In einem Interview mit der Regionalzeitung "Courrier Picard" sagte er, 163 der früher 280 Beschäftigten von Whirlpool hätten keine Arbeit. Macron wurde 1977 in Amiens geboren.

TV-Bilder zeigten lange, bisweilen hitzige Debatten mit dem Staatschef. Zu Übergriffen kam es in seiner Heimatstadt Amiens aber nicht, wie französische Medien berichteten.

Aufgeheizte Stimmung

Die soziale Stimmung im Land ist aufgeheizt. Für den 5. Dezember haben Gewerkschaften der Staatsbahn SNCF zum Streik aufgerufen, Anlass ist die geplante Rentenreform der Mitte-Regierung. Auch bei Beschäftigten von Krankenhäusern oder Studenten gibt es viel Unzufriedenheit. (APA/AFP, 22.11.2019)