Peter Hajek nennt Wahlkampf "blutleer"

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Graz/Wien – Die niedrige Wahlbeteiligung ist ein deutlicher Hinweis darauf, dass bei dieser Landtagswahl wichtige Wählerströme die „Partei der Nichtwähler“ einschließen. Das bedeutet, dass viele Menschen, die vor viereinhalb Jahren an der Wahl teilgenommen haben, der Politik diesmal den Rücken gekehrt haben. Die Nichtwähler sind damit die größte Gruppe geworden.

Peter Hajeks Institut Opinion Strategies hat daher auch die Nichtwähler befragt, warum sie nicht gewählt haben – und allgemeine Politikverdrossenheit wurde mit 36 Prozent als wichtigstes Argument vor der Ausrede „keine Zeit“ (25 Prozent) genannt. Zur Politikverdrossenheit habe auch das Vorziehen der Landtagswahl beigetragen, meint Hajek.

Muster der Nationalratswahl

Auf ATV sprach Hajek von einem „blutleeren Wahlkampf“, der von Bundesthemen überlagert worden sei: „Die Wahlmotive könnten ebenso gut aus dem Wahlkampf zur Nationalratswahl stammen. Es wurde spontan kein explizit steirisches Thema genannt – außer die Regierungsarbeit der ÖVP.“

Das wesentlichste Wahlmotiv der ÖVP-Wähler war allerdings, dass man aus Tradition Stammwähler ist (24 Prozent), die Regierungsarbeit nannten 19 Prozent der ÖVP-Wähler, den Spitzenkandidaten und Landeshauptmann erwähnten 17 Prozent. Die ÖVP konnte laut Hajek besonders bei Frauen punkten und auch im Segment der älteren Wähler deutlich die SPÖ abhängen.

Rote Stammwähler

Noch stärker war das Stammwählerverhalten bei den Sozialdemokraten – von diesen bekannten sich 30 Prozent als Stammwähler, 14 Prozent nannten den SPÖ-Spitzenkandidaten Michael Schickhofer als Wahlmotiv.

Arbeiter wählten vor allem die FPÖ (31 Prozent), dann die ÖVP (27 Prozent) – womit die SPÖ in diesem Segment nur den dritten Platz bekommt.

Aus seinen Umfragedaten kann Hajek keinen besonderen Landeshauptmannbonus herauslesen – der Spitzenkandidat habe bei den anderen Parteien eine viel bedeutendere Rolle gespielt. Etwa bei den Freiheitlichen: Hier habe Mario Kunasek vielleicht Schlimmeres verhindern können.

Peter Filzmaier analysierte dagegen im ORF-Fernsehen, dass der Landeshauptmannbonus von Hermann Schützenhöfer gewirkt hat – und dass die Steirer mit der Entwicklung im Land zufrieden sind. Er betonte allerdings auch, dass der ÖVP-Wahlsieg gleichzeitig das zweitschlechteste Ergebnis seit 1945 darstellt.

Koalitionspräferenzen

Hajek hat für ATV auch die Koalitionspräferenzen der steirischen Wählerinnen und Wähler erhoben. Dabei zeigt sich, dass es für die Anhänger der Freiheitlichen nur eine einzige Wunschkoalition gibt: 86 Prozent der FPÖ-Wähler sagen, dass sie ihre Partei in einer Regierung mit der ÖVP sehen wollen – aufseiten der ÖVP-Wählerschaft sind aber nur 15 Prozent für diese Kombination. Ähnlich ist es mit den SPÖ-Wählern, von denen sich 69 Prozent eine Koalition der SPÖ mit der ÖVP wünschen – bei den ÖVP-Wählern stößt das aber nur zu 29 Prozent auf Gegenliebe. Die bevorzugte Koalition der ÖVP-Wählerschaft wäre ÖVP+Grüne+Neos – das wünschen sich 33 Prozent der ÖVP- und sogar 71 Prozent der Grün-Wähler.

Bundespolitische Einflüsse

Apropos Türkis-Grün: Hajeks Institut Public Opinion Strategies fragte auch: „Hat der Ausblick auf eine mögliche türkis-grüne Koalition Ihre Wahlentscheidung in der Steiermark beeinflusst?“ Darauf sagten 61 Prozent, dass es für sie da keinen Einfluss gegeben hätte. Nur bei der FPÖ gibt es einen relevanten Anteil von Wählern, für die die Bundespolitik mitgespielt hat: 21 Prozent der Freiheitlichen sagen, dass sich die Koalitionsbildung „sehr“ auf ihre Wahlentscheidung ausgewirkt hat.

Die Institute Isa/Sora haben für den ORF ebenfalls den bundespolitischen Aspekt erhoben – mit anderer Fragestellung und anderem Ergebnis: „War die Entscheidung für diese Partei für Sie eine ausschließlich steirische Entscheidung, oder haben Sie die Bundespolitik und die laufenden Koalitionsverhandlungen mit einbezogen?“ Auf diese Frage hin waren es vor allem die Grün-Wähler, die sich zum Bundestrend bekannt haben. 82 Prozent der Grün-Wähler sagten, dass für sie bundespolitische Koalitionsüberlegungen mitgespielt haben. (Conrad Seidl, 24.11.2019)