Sibylle Berg erhielt den Autorenpreis und musste lachen, als sie die Bedingungen am Theater lobte.

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Andrea Breth wurde fürs Lebenswerk ausgezeichnet – etwas früh, wie sie fand.

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Steven Scharf bekam den Preis als bester Schauspieler für seine Rollen in "Medea" und "Woyzeck" am Burgtheater.

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Steffi Krautz vom Volkstheater wurde beste Schauspielerin und richtete Noch-Intendantin Anna Badora wärmste Grüße aus.

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Johan Simons gewann mit seinem "Woyzeck" am Akademietheater die beste Regie.

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Regisseur Moritz Beichl gewann als bester Nachwuchs männlich (li.), Schauspielerin Anna Rieser als bester Nachwuchs weiblich.

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Ein Spezial-Nestroy für die Darstellerin der russischen Oligarchennichte im Ibiza-Video? Diese Anregung blieb der einzige politische Schmäh bei der Verleihung der 20. Nestroy-Theaterpreise am Sonntagabend. Sonst gab sich die Gala im Theater an der Wien hinsichtlich der Welt abseits der Bühnenbretter eher unbissig.

Vielleicht wirkte der Umstand hemmend, dass die Casinos Aus tria den Abend sponsern. Deren Generaldirektorin Bettina Glatz-Kremsner äußerte sich, einen Preis überreichend, erst gar nicht.

Wenn, dann verzeichnete man heuer einen feministischen Schwerpunkt. Markus Öhrn wurde etwa mit dem Spezialpreis ausgezeichnet: voriges Jahr für "Häusliche Gewalt" bei den Festwochen nominiert, erhielt er heuer den Preis für dessen Fortsetzung "3 Episodes of Life". Für seine Rede, dass #MeToo am Theater schon wieder ins Hintertreffen geraten sei, erntete der schwedische Regisseur viel Beifall.

Sachen zum Lachen

Die mit dem Autorenpreis ausgezeichnete Sibylle Berg (Hass-Triptychon bei den Festwochen) stieß ins selbe Horn und musste selbst lachen, als sie fantasierte, wie gleichberechtigt und freundlich es im Theaterbetrieb zugehe. Das Publikum lachte schallend mit. Sonst mahnte Berg: "Die Menschen gewöhnen sich an alles: ein Klima, das sich ändert, Reiche, die immer reicher werden, Faschisten in der Regierung und sich hassende Bevölkerungen. Wir machen weiter wie immer, wird schon nicht so schlimm werden."

Die für ihren Geschmack mit 67 Jahren zu früh mit dem Lebenswerkpreis gekürte Andrea Breth erzählte, sie sei die erste Frau gewesen, die in der BRD inszenieren durfte. "Wenn Kultur wegbricht, wird der Platz frei für Gewalt, wenn die Technologie unsere Menschlichkeit übertrifft, wird es nur noch eine Generation von Idioten geben", so die Regisseurin.

Frausein am Theater

Vom Frausein am Theater erzählte auch die als beste Hauptdarstellerin ausgezeichnete Steffi Krautz (Endstation Sehnsucht, Volkstheater). Sie merkte in ihrer Rede an, sie sei von einem Kritiker als zu dick, zu alt und zu wenig attraktiv für die Rolle der Blanche DuBois bezeichnet worden – das sollte im Jahr 2019 nicht geschehen. Ebenso ans Volkstheater gingen der Preis für die beste Nebenrolle (Evi Kehrstephan in Biedermann und die Brandstifter) und der Publikumspreis (Thomas Frank). "Nicht immer ist alles geglückt, aber das ist bei den anderen nicht anders", verteidigte Krautz das Volkstheater gegen Unkenrufe. Zudem bedankte sie sich bei ihrer scheidenden Intendantin Anna Badora und wünschte der nächsten Intendanz "Arsch in der Hose und ein dickes Fell", 2020 übernimmt Kay Voges das Haus.

Die Preise für den besten Darsteller (Steven Scharf in Medea und Woyzeck) und die beste Regie (Johan Simons mit Woyzeck) gingen ans Burgtheater. Regisseur Moritz Beichl gewann indes als männlicher Nachwuchs für Der Tag, an dem mein Großvater ein Held war im Landestheater Niederösterreich und würde nächstes Jahr gern noch bester weiblicher Nachwuchs. Heuer gewann das aber Schauspielerin Anna Rieser (Dogville im Landestheater Linz). Raimund Orfeo Voigt machte die beste Ausstattung (Der einsame Weg, Josefstadt und Sommergäste, Salzburger Festspiele).

Mutige Experimente

Zur besten Off-Produktion wurde The Bruno Kreisky Lookalike von Toxic Dreams erkoren, woraufhin Yosi Wanunu überzeugt für die freie Szene plädierte. Beste Aufführung in den Bundes ländern wurde Die Revolution frisst ihre Kinder! am Schauspielhaus Graz, beste Aufführung im Sprachraum Dionysos Stadt an den Münchner Kammerspielen von Christopher Rüping, der das Theatermachen als mutiges Experimentieren mit ungewissem Ausgang verteidigte. Als Theaterpreis glich die Gala indes eher einer etwas seichten Boulevardkomödie. (Michael Wurmitzer, 25.11.2019)