Bild nicht mehr verfügbar.

Benjamin Netanjahu bei einem Besuch auf den Golanhöhen.

Foto: Atef Safadi/Pool via REUTERS

Benjamin Netanjahu, Premier unter Anklage, startete die Woche mit einem Besuch im Norden des Landes: Auf dem Berg Avital an der Grenze zu Syrien wetterte er gegen die Aggressionen des Iran und stellte klar, dass er alles Nötige unternehme, um die Sicherheit seines Landes zu garantieren. Die Entscheidungen, die getroffen werden, seien sehr gut: "Alles, was hier um uns herum sichtbar ist, alles, was als Ergebnis unserer Handlungen gesehen werden kann, fällt am Ende auf meinen Schreibtisch und ist meine Entscheidung. Meine Entscheidungen sind substanziell, und ich glaube, ich entscheide richtig."

Netanjahu, der Mann für Israels Sicherheit, ein Mann mit Macht und Verantwortung – so inszeniert sich der Premier und will noch einmal beweisen, dass sein Land ihn braucht, ja überhaupt nicht ohne ihn kann. Er steht dieser Tage unter Druck. Vergangene Woche hat Generalstaatsanwalt Avichai Mandelblit verkündet, Anklage gegen den Premier in drei Fällen wegen Betrugs, Bestechlichkeit und Untreue einzureichen.

Premier sieht Putschversuch

Damit ist Netanjahu der erste amtierende Regierungschef, der angeklagt wird. Er sieht darin einen Putschversuch und fordert, nun auch gegen die Ermittler zu ermitteln. Freiwillig zurückzutreten kommt für ihn nicht infrage. Doch Mandelblit könnte bereits Ende dieser Woche über Netanjahus politische Zukunft entscheiden: Medienberichten zufolge hat der Generalstaatsanwalt ein Gremium gebildet, das festlegen soll, ob Netanjahu unter Anklage überhaupt eine neue Regierung bilden darf. Falls nicht, wäre es der Anfang vom Ende seiner politischen Karriere. Das Gremium will außerdem entscheiden, ob Netanjahu zurücktreten muss, sobald offiziell Anklage eingereicht wird.

Zwar gibt es kein Gesetz, das einen Premier in dieser Situation zum Rücktritt zwingt. In einem anderen Fall jedoch hatte das Oberste Gericht entschieden, dass ein Minister unter Anklage seinen Aufgaben nicht mehr nachkommen kann und deshalb seinen Posten räumen muss. Auch innerhalb der Likud-Partei verliert Netanjahu dieser Tage erstmals an Rückhalt. Seit 2005 hat er sich konkurrenzlos an der Spitze seiner Partei gehalten, die auch geschlossen hinter ihm stand, als die Korruptionsvorwürfe erhoben wurden. Doch sein Langzeitrivale Gideon Saar, der erst vor kurzem in die Politik zurückgekehrt ist, will es nun wissen: Bereits vergangene Woche plädierte er für vorgezogene Likud-Wahlen und erklärte, er sei – anders als Netanjahu – in der Lage, eine Regierung auf die Beine zu stellen.

Netanjahu, der die parteiinterne Wahl verhindern wollte, hat in diesem Punkt nun nachgegeben: Innerhalb der kommenden sechs Wochen sollen die Parteimitglieder über ihren Vorsitzenden entscheiden. Wenn es nach Saar geht, bereits in den kommenden zwei Wochen: So lange bleibt den Abgeordneten nämlich noch Zeit, um eine Regierung auf die Beine zu stellen. Die Frist läuft am 11. Dezember ab. Danach werden Neuwahlen ausgerufen. Saar will diese verhindern. Es wären die dritten innerhalb weniger Monate. (Lissy Kaufmann aus Tel Aviv, 25.11.2019)