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Wien / Krems – Die Eltern jenes 13-jährigen Mädchens, das im September an einer aller Wahrscheinlichkeit nach behandelbaren Krankheit gestorben ist, befinden sich weiter in Untersuchungshaft. Gegen sie wird wegen Verdachts des Mordes durch Unterlassung ermittelt, weil sie ihrem Kind die medizinische Behandlung einer Entzündung der Bauchspeicheldrüse verweigert haben sollen. Ein schriftliches Obduktionsgutachten steht nach wie vor aus, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Krems zum STANDARD.

Der Tod des Mädchens zog nicht nur Bestürzung, sondern auch politische Debatten nach sich. Die Tatsache, dass die 13-Jährige mit ihren Geschwistern von den strengreligiösen Eltern zu Hause unterrichtet wurde, bedarf laut Kritikern einer genaueren Betrachtung. Das Bildungsministerium kündigte bereits Reformvorhaben an.

Verschränkung mit Kinder- und Jugendhilfe

Wie diese genau aussehen, will die Ex-Bildungsministerin und nunmehrige SPÖ-Bildungssprecherin Sonja Hammerschmid nun von Bildungsministerin Iris Rauskala mit einer parlamentarischen Anfrage erfahren. Rauskala soll etwa beantworten, inwiefern die Kontrollmöglichkeiten verschärft werden sollen und ob eine Verschränkung mit der Kinder- und Jugendhilfe angedacht wird. Weiters soll dargelegt werden, in wie vielen Fällen es zur Androhung des Entzugs der Obsorge oder zu Verfahren kam.

"Wir haben die Verantwortung für das emotionale und gesundheitliche Wohlbefinden unserer Kinder. Ob der häusliche Unterricht in diesem Zusammenhang noch zeitgemäß ist und auch die besagten Kriterien erfüllt, muss unbedingt rasch geprüft werden", sagt Hammerschmid.

Reform gefordert

Da die einmal jährlich abzulegende Externistenprüfung die einzige Bedingung für häuslichen Unterricht sei, trage das "aktuell geschlossene System ein Gefährdungspotenzial in sich", schreibt Hammerschmid in ihrer Anfrage. Der Fall der 13-Jährigen werfe zudem "Fragen über eine dringende Reformierung der gesetzlichen Vorgaben" auf.

Eine Reform fordert auch eine ehemals Betroffene. Anja F. (Name geändert, Anm.) schilderte bereits im STANDARD, wie sie die Gewalt ihres ebenfalls fanatisch religiösen Vaters im Heimunterricht erdulden musste. Experten der Schulbehörde, Kindergesundheit, Jugendhilfe sowie Juristen sollen ein System ausarbeiten, das etwa eine Veränderung des Bewilligungsverfahrens sowie bessere Überprüfungskriterien beinhaltet. Es geht F. dabei nicht um ein Verbot des häuslichen Unterrichts, sondern um die Sicherstellung des Kindeswohls sowie die Vorbeugung von Missbrauch. (van, 25.11.2019)