Sie war legendär, die Stimme des britischen Physikers Stephen Hawking. Aber es war nicht seine eigene: Der 2018 verstorbene Wissenschafter litt an amyotrophe Lateralsklerose (ALS), einer Nervenkrankheit, wegen der er nicht nur im Rollstuhl saß, sondern die ihm auch seine Stimme kostete. Seit den 80er-Jahren benutzte er deshalb einen Sprachcomputer, dessen metallische Computerstimme Kultstatus erreichte. Er sprach Hörbücher und Dokus und synchronisierte Figuren in den "Simpsons" und bei "Family Guy".

Aber nicht jeder, der seine Stimme verliert, will so klingen wie Hawking. Wissenschafter arbeiten nun daran, dass Menschen, die aufgrund einer Krankheit stimmlos werden, wenigstens eine digitale Kopie ihrer Stimme benutzen können.

BBC-Beitrag über Lonnie, der seine Stimme nach einer Operation verliert und vorher eine digitale Kopie seiner Stimme anfertigt.
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Technologie mit negativem Beigeschmack

Dabei bedienen sich die Forscher einer Technologie, die in letzter Zeit eher für negative Schlagzeilen sorgte: Deepfakes – also die täuschend echte Nachahmung von Menschen mithilfe von künstlicher Intelligenz. Sie könnte in Zukunft die Wahrheit herausfordern – aber eben auch Gutes tun.

In Zusammenarbeit mit den Unternehmen VocaliD füttern Wissenschafter der Northeastern University in Boston einen Algorithmus mit sehr vielen Audioschnipseln. Liegt genügend Eingangsmaterial vor, lässt sich danach jeder beliebige Satz in der aufgenommenen Stimme kreieren. Dabei werden aber nicht nur Sätze in Wörter zerlegt und diese später wieder zusammengestoppelt. Mithilfe von maschinellem Lernen bildet die Software die Stimme künstlich nach.

Konservierung kostet 1.500 Dollar

Die digitale Stimme kann anschließend auf einem Smartphone oder anderen, spezialisierten Geräten installiert werden. Patienten geben dann per Tastatur ein, was sie sagen wollen, das Sprechen übernimmt die App.

VocaliD bietet schon länger an, die eigene Stimme konservieren zu lassen. Viele Menschen haben aber keine geeigneten Aufnahmegeräte zu Hause und nehmen oft Hintergrundgespräche mit auf. "Oft kommen die Menschen in allerletzter Minute zu uns", sagt Rupal Patel, Gründerin von VocaliD zum "Guardian". Die Patienten hätten oft nicht mehr genügen Zeit, um die Stimme zu konservieren, und seien vor bevorstehenden Operationen oft gestresst. In einer neuen "Stimmkonservierungsklinik" sollen hingegen ideale Bedingungen für die Aufnahme herrschen.

Die Aufnahme selbst ist gratis, für das Erstellen der digitalen Stimme will das Unternehmen 1.500 US-Dollar verlangen. Grundsätzlich könne jeder seine eigene Stimme konservieren lassen. Menschen, die ziemlich wahrscheinlich ihre Stimme verlieren werden, gibt VocaliD aber den Vortritt. (red, 26.11.2019)