Eine Million Uiguren sollen in Lagern interniert sein.

Foto: APA

Erst haben die Lager offiziell gar nicht existiert. Bereits im August 2018 hat die Uno berichtet, dass bis zu einer Million Uiguren in Xinjiang interniert sein sollen. Das sei „vollkommen falsch“, hieß es aus Peking.

Drei Monate später hieß es dann: Ja, manche Uiguren würden wohl festgehalten werden, aber es handle sich um eine „kostenlose Berufsausbildung“. Das „Berufsbildungs- und Trainingsprogramm“ ziele darauf ab, Leute, die von Terrorismus und Extremismus beeinflusst wurden, aber nicht strafrechtlich belangt werden können, umzuerziehen, sagte der Gouverneur von Xinjiang. Und die Regierungssprecherin in Peking wies die Bezeichnung „Umerziehungslager“ in westlichen Medien empört zurück.

Was eigentlich hinter diesen Lagern steckt, dafür gab es schon seit Monaten erdrückende Hinweise. Menschen werden dort ohne Anklage monatelang festgehalten, berichten unzählige Augenzeugen. Akribisch zusammengetragene Satellitenbilder zeigen schon lange, dass China seit einigen Jahren solche Lager im großen Stile baut. Im Juni 2019 wurde die BBC als erstes westliches Medium zu einem Lokalaugenschein vorgelassen, um „Lehrer“ und „Schüler“ zu interviewen. Das Video offenbart eine Groteske, die jeden Zweifel daran, dass hier irgendetwas nicht mit normalen Dingen läuft, beiseiteräumen sollte.

Erfolgreiche Propaganda und globale Zensur

Und doch: Informationen über die Lager verbreiten sich global mehr als zäh. Das zeugt von Chinas erfolgreicher Propaganda und globaler Zensur. Die neue Weltmacht aus Asien will sich gar nicht auf eine Diskussion einlassen, frei nach dem Motto „Alles Interna“ oder „Alles Verschwörungen aus dem Westen“.

Vielleicht sind die Einrichtungen im Selbstverständnis der Kommunistischen Partei tatsächlich „Schulen“. Dass Peking auch die neuen Enthüllungen nun als Fälschungen bezeichnet, ist alles andere als eine Überraschung. Es sollte aber keine Rolle spielen. Denn es obliegt der internationalen Gemeinschaft, selbst ein Urteil darüber zu fällen.

So ist es ein Armutszeugnis, dass die Welt dabei zuschaut, wie hunderttausende Menschen einer ethnisch-religiösen Minderheit interniert werden. Das muss man beim Namen nennen und Konsequenzen daraus ziehen. Medien haben die Fakten auf den Tisch gelegt. Nun liegt der Ball bei Politikern und Unternehmen. Wer jetzt nichts tut, geht der chinesischen Propaganda auf den Leim – oder befindet sich längst in den Fängen der KP-Zensur.

(Anna Sawerthal, 25.11.2019)