Wiens Bürgermeister Michael Ludwig kann sich den Wahltermin allein aussuchen. Einem vorgezogenen Urnengang im Frühjahr müsste allerdings der Gemeinderat zuerst zustimmen.

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Das Wahldebakel der SPÖ in der Steiermark berührt die Wiener Genossen nach außen hin wenig. Zumindest verkauft man sich relativ entspannt ob der Niederlage und in Bezug auf die bevorstehende Wien-Wahl. Die vor der Steiermark-Wahl veröffentlichten Umfragen hätten darauf vorbereitet, dass die Kollegen im Süden Verluste hinnehmen müssen, sagte die Wiener Landesparteimanagerin Barbara Novak am Montag. Man wusste, was bevorstehe – für Wien habe sich nichts geändert.

Für die Hauptstadt-SPÖ ist der Trend eindeutig: Dort, wo die Landeshauptleute beliebt sind, werden diese auch von den Wählern bestätigt, das habe man beim roten Landeshauptmann Peter Kaiser in Kärnten gesehen, aber eben auch bei den türkisen Landeschefs Hermann Schützenhöfer in der Steiermark und Markus Wallner in Vorarlberg. Und genauso werde das auch in der Bundeshauptstadt ablaufen – dort habe der rote Bürgermeister Michael Ludwig gute Karten für die im kommenden Jahr anstehende Gemeinderatswahl, diesbezüglich gibt man sich in der Löwelstraße sicher. Novak rechne sogar damit, dass der rote Stadtchef gestärkt aus der Wahl gehen wird.

Hickhack bei Strache und FPÖ

Die Ausgangslage des Wiener Bürgermeisters könnte tatsächlich schlechter sein. Am Wochenende wurde sie vielleicht sogar etwas verbessert. Nicht durch das rote Wahlergebnis, sondern durch einen Blauen, der sich eigentlich vorerst aus der Politik raushalten wollte. Nur ein halbes Jahr nach Auftauchen des Ibiza-Videos und der Regierungsauflösung meldete sich der ehemalige Vizekanzler und Ex-Parteichef sowohl der Bundes-FPÖ wie auch der Wiener FPÖ, Heinz-Christian Strache, zurück und liebäugelte am Samstag öffentlich mit seinem Comeback. Auf seinem privaten Facebook-Account teilte Strache mit: "Ich biete der FPÖ die Aufhebung meiner Suspendierung (diese war eine Anti-Freiheitliche Vorverurteilung) und Rückkehr als Parteichef an." Tags darauf konkretisierte er die Aussage und änderte das Posting: Das Angebot umfasse lediglich den "Wiener Parteichef".

In der Wiener FPÖ konnte man die Aussage nicht nachvollziehen. Eine Aufhebung der Suspendierung Straches käme nur dann infrage, wenn an den Vorwürfen gegen diesen nichts dran sei, sagte Landesparteisekretär Michael Stumpf am Wochenende. Dass Strache mit einer eigenen Liste bei der Wien-Wahl antritt, wird somit wahrscheinlicher. Entsprechende Spekulationen gibt es bereits länger.

Das Hickhack in der FPÖ sowie deren Verluste bei den letzten Wahlen könnten Ludwig zugutekommen. 2015 landete die FPÖ mit 30,8 Prozent auf Platz zwei hinter der Bürgermeisterpartei, damals noch mit Michael Häupl an der Spitze und 39,6 Prozent. Wie es mit der FPÖ und mit Strache weitergeht, wolle man in der SPÖ im Auge behalten, sagte Novak.

Rote Mailserver gehackt

Derzeit beschäftigt die Wiener SPÖ aber ein ganz anderes Problem. Wie Novak am Montag bekanntgab, ist es in der Partei zu einem "nichtautorisierten unerlaubten Zugriff" auf einen Mailserver gekommen. Auf 34 von rund 1800 Postfächern wurde zugegriffen. Wer die Partei gehackt hat und auf welche Daten dabei zugegriffen wurde, wisse man noch nicht. Die roten Stadtregierungsmitglieder seien nicht betroffen, allerdings Mitglieder und Funktionäre der Landespartei, sagte Novak. Erste Untersuchungen hätten gezeigt, dass schon am 8. August der erste Zugriff stattgefunden habe. Die SPÖ habe Maßnahmen, etwa um den Passwortschutz zu erhöhen, vorgenommen. Auch wurde der Angriff bei der Datenschutzbehörde wie auch bei der Staatsanwaltschaft angezeigt.

Von einem vorgezogenen Wahltermin will man in der Löwelstraße nichts wissen. Es spreche derzeit nichts für eine Wahl im Frühjahr, heißt es in der Parteizentrale. Dafür brauche es zudem nicht nur die Zustimmung der SPÖ: Während der Bürgermeister zwar allein den Wahltermin fixieren kann, braucht er für eine Vorverlegung eine Mehrheit im Gemeinderat. Fasst dieser einen Auflösungsbeschluss, kann frühestens drei Monate später gewählt werden.

Gute Stimmung für Grüne

Auch bei den Grünen weist man einen Termin im Frühjahr zurück. "Das ist zum jetzigen Zeitpunkt kein Thema", heißt es dort. Man habe einen klaren Fahrplan innerhalb der Koalition, es gebe noch einige Projekte abzuarbeiten.

Dabei haben die letzten Wahlen den klaren Zuspruch für grüne Themen gezeigt: Umwelt- und Klimaschutz sind en vogue. Sowohl bei den Landtagswahlen in Vorarlberg und in der Steiermark als auch bei der Nationalratswahl konnten die Grünen zulegen. In Wien eroberten die Grünen bei der Bundeswahl sogar zehn Bezirke.

Ganz unvorbereitet will der kleine Koalitionspartner in Wien aber offenbar doch nicht sein. Mitte Februar ist die Landesversammlung angesetzt. Dort wird auch die Liste für die Gemeinderatswahl erstellt. Die grüne Spitzenkandidatin steht bereits fest. Und Vizebürgermeisterin Birgit Hebein gewinnt immer mehr Bekanntheit – zuletzt durch die türkis-grünen Koalitionsverhandlungen im Bund, bei denen sie für das Thema Soziales verantwortlich ist.

Türkise bereit für Neuwahlen

Wie die Grünen ist auch die ÖVP mit Spitzenkandidat Gernot Blümel vorbereitet. Einem Wahltermin im Frühjahr sind die Türkisen auch aufgrund ihrer momentanen Erfolgsserie nicht abgeneigt: "Das Beste für unsere Stadt wären rasche Neuwahlen, damit ein neues Regieren und Veränderung in Wien möglich ist", betonte Stadtrat Markus Wölbitsch. Die Wiener, so heißt es von der Stadt-ÖVP "wären die Gewinner von vorgezogenen Wahlen. Rot und Grün in Wien verbindet einzig und allein die Tatsache, dass beide nichts wollen für diese Stadt". 2020 wolle man "dazugewinnen und möglichst stark werden". Denn: "mehr Türkis tut Wien jedenfalls gut". Ein Plus ist für die ÖVP in der Bundeshauptstadt allerdings auch dringend notwendig: Nur 9,2 Prozent erreichte sie bei der vergangenen Wahl. "Mehr Türkis In dem 2015 vielbemühten rot-blauen Duell um Wien war für die Türkisen wenig zu holen. (Oona Kroisleitner, 26.11.2019)