Der Iraner Mollaei hat dem Israeli Muki gedankt.

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Osaka/Wien – Natürlich wissen Österreicher nicht alles besser als Deutsche. Eines aber schon. In Deutschland nämlich kursiert derzeit die Meldung, der frühere iranische Judo-Weltmeister Saeid Mollaei habe am vergangenen Wochenende "seinen ersten Wettkampf" seit dem WM-Skandal im August in Tokio bestritten, wo er auf politisches Geheiß im Halbfinale verlieren musste, um das Finale gegen den Israeli Sagi Muki zu vermeiden.

Wahr ist vielmehr: Mollaei (27), der sich nach der WM aus Protest gegen die iranische Sportpolitik nach Deutschland abgesetzt und um Asyl angesucht hatte, gab sein Comeback schon am 9. November. Der Wiener Verein Galaxy Tigers hatte den Iraner als Lizenzkämpfer verpflichtet, um sich fürs Final Four der österreichischen Bundesliga in Gmunden zu verstärken. Im Finale gegen Multikraft Wels hat dann ausgerechnet Mollaei den entscheidenden Sieg zum 9:7 beigesteuert. Das war schon eine schöne Geschichte.

Rückkehr auf die große Bühne

Doch zugegeben, international mehr Bedeutung hatte Mollaeis Auftritt am Wochenende in Osaka. Die Rückkehr nach Japan, die Rückkehr auf die große Bühne. Beim Grand Slam kämpfte der Weltmeister von 2018 erstmals unter der neutralen Flagge des Weltverbands IJF. Er belegte Rang sieben in der 81-kg-Klasse. Muki, Mollaeis Nachfolger als Weltmeister, stand in Osaka nicht auf der Matte, das wurde allseits bedauert. Der Israeli hat aber via Instagram mit seinem iranischen Kollegen korrespondiert. "Ich möchte Saeid Mollaei gratulieren, der in Osaka als Teil des Flüchtlingsteams an den Start ging. Das ist ein Sieg des Sports über die Politik", schrieb Muki. Mollaei bedankte sich daraufhin, nannte Muki seinen "für alle Zeit besten Freund".

Der Iran verbietet seinen Sportlern den Vergleich mit Israelis. Das "Gesetz" gilt seit der Islamischen Revolution 1979 nicht nur im Judo, sondern in allen Disziplinen, selbst im Schach. Konsequenzen gab es bis dato kaum, erst von der IJF wurde Irans Judoverband ob der Causa Mollaei gesperrt.


Vor Mollaei hatten sich schon andere Sportler aus nämlichem Grund abgesetzt. Vahid Sarlak, der im Judo WM-Fünfter war, ging den Weg, den Mollaei nun geht. So wie aktuell Mollaeis Familie waren seinerzeit auch Sarlaks Angehörige im Iran bedroht worden. Sarlak lebt seit 2010 in Deutschland, seit 2017 ist er deutscher Staatsbürger. Er ist Physiotherapeut und Judo-Betreuer in Mönchengladbach sowie Teamtrainer von Tadschikistan.

Im STANDARD-Sportmonolog sagte Sarlak: "Ich begreife dieses Gesetz nicht, habe es nie begriffen. Wir sind Sportler. Wir wollen kämpfen, wollen gewinnen. Es ist uns egal, ob auf der anderen Seite ein Franzose, ein Belgier oder ein Israeli steht." Sarlak ist mit Mollaei in ständigem Kontakt, greift ihm unter die Arme. Mollaei hofft, dass er ins Flüchtlingsteam des IOC aufgenommen wird und an den Olympischen Spielen 2020 in Tokio teilnehmen kann. (Fritz Neumann, 25.11.2019)