Ex-FPÖ-Chef Strache darf vorerst nicht mehr behaupten, "Krone"-Journalistin Wagner sei Teil des "kriminellen Ibiza-Netzwerks", dem er auch den Mord an seiner Person zutraut.

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Wien – Zwei Tage nach dem Bekanntwerden der FPÖ-Spesenaffäre meldete sich Heinz-Christian Strache im September erstmals ausführlich zu Wort. In einer Facebook-Nachricht bestritt der FPÖ-Politiker alle Vorwürfe, seine private Lebensführung über die Partei abgerechnet zu haben. Doch die Nachricht wäre nicht von Strache gewesen, wenn er nicht im selben Atemzug vermeintlich Schuldige für seine Misere genannt hätte. In diesem Fall sah er sich als Opfer des "kriminellen Ibiza-Netzwerks", dem neben seinem Ex-Bodyguard R. und dem Wiener Anwalt M. auch die "Krone"-Journalistin Katia Wagner angehöre. Diesen dreien sei laut Strache sogar die "physische Vernichtung" zuzutrauen.

Eine Behauptung, die der Ex-Vizekanzler nun laut einer einstweiligen Verfügung des Handelsgerichts Wien nicht mehr wiederholen darf. Wagner hatte Strache geklagt, der Beschluss liegt dem STANDARD vor, er ist nicht rechtskräftig. Er zeigt aber, wie die Ibiza-Affäre die Boulevardblätter der Republik beschäftigt.

Wagner war eigentlich Unternehmerin und besaß mit ihrem damaligen Lebensgefährten und späteren Ibiza-Anwalt M. drei Kosmetikstudios in Wien. Wegen einer fulminanten Strafe des Arbeitsinspektorats geriet Wagner in die Schlagzeilen, selbst der damalige Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) nahm sich des Falles an. Als Wagner ihre Anteile an dem Unternehmen verkaufte und sich von M. trennte, wurde sie von Richard Schmitt, dem damaligen Chefredakteur der Online-"Krone", zur größten Zeitung des Landes geholt. Lange standen Wagner und Schmitt in gutem Verhältnis, so die ehemalige Miss Earth zum STANDARD: Sie moderierte für "Krone" TV-Diskussionen, ihr gut vernetzter Chef versorgte sie mit hochkarätigen Teilnehmern aus Politik und Gesellschaft, auch ÖVP-Chef Sebastian Kurz und Strache waren bei ihr zu Gast. Vom Ibiza-Video will Wagner nichts gewusst haben.

Straches Haarsträhne

Schmitt führte die Onlinepräsenz der "Krone" zu ihrer heutigen Größe, auch in engem Zusammenspiel mit der langjährigen Social-Media-Größe Strache. Dieser erwähnte Schmitt im Ibiza-Video als positive Ausnahme unter Journalisten, die gemeinhin "Huren" seien. Das war der "Krone" zu viel, Schmitt wechselte zu "Oe24", und mit ihm auch Straches Vorlieben für ein Boulevardblatt. Wagners Vergangenheit mit M. war für Strache ein gefundenes Fressen: Sie sei "Komplizin" der Macher des Videos und stehe unter dem Schutz der "Krone", behauptete er in einem weiteren Posting.

Rückendeckung erhielt er von Schmitt, der seit Mitte November die Rolle Wagners im "Ibiza-Netzwerk" betont. Seine Ex-Kollegin habe immer wieder Kontakt mit M. gehabt und sei durch ihre Tätigkeit als Moderatorin über wichtige Pläne der damaligen türkis-blauen Regierung informiert gewesen. Außerdem behauptet laut Schmitt der Anwalt Straches, dass Wagner eine Haarsträhne des ehemaligen FPÖ-Chefs zu vermitteln versuchte, die seinen Kokainkonsum beweisen sollte.

Fellner zeugt für Strache

Die einstweilige Verfügung des Landesgerichts zeigt nun, woher Schmitt seine Anschuldigungen gegen Wagner nimmt. Es ist nicht Straches Anwalt, sondern Schmitts eigener Chef und "Österreich"-Herausgeber Wolfgang Fellner, dem Katia Wagner 2017 eine Haarprobe Straches vermitteln wollte. Das gibt Fellner in seiner Aussage, die er für Straches Klagebeantwortung gegen Wagner verfasst hat, zu Protokoll.

Wagner selbst dementiert, jemals zwischen Fellner und M. vermittelt zu haben, und sieht hinter der Berichterstattung von "Oe24" einen privaten Rachefeldzug ihres ehemaligen Chefs Schmitt. Dieser habe sie noch bis vor kurzem ins Fellner-Imperium holen wollen, dieses habe ihr dafür eine Entlohnung von 9.000 Euro pro Monat angeboten – ein unverhältnismäßig hohes Gehalt für eine Redakteurin einer österreichischen Tageszeitung. Wagner will ihrem Ex-Chef abgesagt haben, zwei Tage darauf erschien der erste Artikel auf "Oe24" mit dem Titel "Schwere Vorwürfe – Was wusste 'Krone'-Moderatorin?".

Strache schweigt

Im Gespräch mit dem STANDARD dementiert Schmitt, sich persönlich an Wagner rächen zu wollen. Wagner selbst habe mit ihm zu "Oe24" wechseln wollen und ihn über ihren Kontakt zu M. massiv getäuscht. Erst als sie zugegeben habe, den Anwalt weiterhin getroffen zu haben, sei Schmitt sich ihrer mutmaßlichen Rolle im Ibiza-Netzwerk bewusst geworden.

Ob Strache gegen die einstweilige Verfügung Rechtsmittel einlegen wird, will sein Anwalt nicht verraten. Auch nicht, ob er neben Philippa Strache und Fellner, den Strache im Ibiza-Video als "Schneebrunzer" bezeichnet haben soll, noch weitere Zeugen für das Hauptverfahren nominieren wird. Schmitt erklärt sich jedenfalls dafür bereit. Möglich ist, dass noch mehr Prominenz aus der Medienbranche im Gerichtssaal zu Gast sein wird.

Immobilienmaklerin gibt Interview

Indes glauben Ermittler, dass der ehemalige FPÖ-Klubobmann Johann Gudenus und seine Frau womöglich relevante Wahrnehmungen verschweigen. Die Staatsanwaltschaft Wien verlangte von der Korruptionsstaatsanwaltschaft Zugriff auf Gudenus’ Handy, das wurde laut Kurier verwehrt. Gudenus dementierte, Dinge ausgelassen zu haben.

Am Dienstag meldete sich erstmals jene Immobilienmaklerin öffentlich zu Wort, die mutmaßlich den Kontakt zwischen der vermeintlichen Oligarchennichte und Gudenus hergestellt hat. Sie habe nicht geahnt, dass es sich um eine Falle handle, und sei "geschockt".

Das komplette Interview mit der Immobilienmaklerin Irene Markovic ist am Dienstag um 20.15 Uhr auf Puls 24 zu sehen.
lorenz

In einer Aussendung informierte die Staatsanwaltschaft Wien über den Ermittlungsstand in Sachen Ibiza-Video: Ermittelt wird gegen sieben Beschuldigte, zumindest zwei Personen sollen an Planung und Umsetzung der Aufnahmen in der Finca auf Ibiza beteiligt gewesen sein. Kriminelle Organisationen oder ein ausländischer Geheimdienste wären nicht involviert gewesen, so die Staatsanwaltschaft.

Mittlerweile habe es 40 Vernehmungen, 15 Hausdurchsuchungen und 36 Kontenöffnungen gegeben, zudem seien mehr als ein Dutzend Europäische Ermittlungsanordnungen in die Niederlande, nach Spanien und Deutschland sowie ein Rechtshilfeersuchen in die Schweiz übermittelt worden. Prinzipiell handelt es um einen Verschlussakt, dass nun einige Details verraten wurde, könnte daran liegen, dass die in U-Haft genommenen Personen ein Recht auf Akteneinsicht haben. (Laurin Lorenz, apa, 26.11.2019)