Finanzminister Eduard Müller und Innenminister Wolfgang Peschorn bei der Parlamentsdebatte am Dienstag.

Foto: APA / ROBERT JAEGER
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Wien – Eduard Müller ist ein gründlicher Mensch. Weil er auch Finanzminister ist, an den drei Parlamentsparteien am Dienstag eine dringliche Anfrage gestellt haben, beginnt seine Antwort darauf mit einer sehr ausführlichen Darlegung sämtlicher relevanter Gesetzesstellen, von Artikel 18 Bundes-Verfassungsgesetz bis Paragraf 31b Glücksspielgesetz.

Müller ist auch ein höflicher Mensch, deswegen fasste er das Wesentliche seiner Rede bei der Sondersitzung des Nationalrats in zwei Punkten zusammen. Erstens: Er sichere den Behörden und dem Parlament in der Aufarbeitung der Casinos-Affäre volle Unterstützung zu. Zweitens: Er habe die Finanzprokuratur mit einer Prüfung in der Sache beauftragt.

Es geht dabei um ein Gutachten "zur glücksspielrechtlichen Beurteilung der Bestellung eines Vorstandsmitgliedes der Casag". Das von Müller nicht genannte Vorstandsmitglied ist wohl Peter Sidlo, also jener freiheitliche Bezirksrat, der unter Türkis-Blau Finanzvorstand der Casinos Austria wurde. Rund um seine Bestellung ermittelt die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) unter anderem wegen Bestechung und Bestechlichkeit. Der Verdacht: Die FPÖ habe dem Casinos-Aktionär Novomatic im Gegenzug für die Unterstützung Sidlos ein Entgegenkommen bei Glücksspiellizenzen versprochen. Und das, so vermuten die Ermittler, nicht im Alleingang: Auch Müllers Vorgänger als Finanzminister, der ÖVP-Politiker Hartwig Löger, wird als Beschuldigter geführt. Er soll in die Pläne eingeweiht gewesen sein.

Urteile und Vorurteile

Genau diese Ermittlungen hielten Müller allerdings davon ab, viele der 94 Fragen zu beantworten, die die roten Abgeordneten in der auch von Neos und Grünen unterstützten Anfrage an ihn gerichtet hatten. Denn den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens, das als Verschlusssache geführt wird, könne er nicht vorgreifen.

So sehr sich der Finanzminister bemüht hatte, Vorverurteilungen zu vermeiden, so viele Schuldige wurden in den Reden danach gefunden. Für den sozialdemokratischen Abgeordneten Kai Jan Krainer bestand kein Zweifel: Löger habe sich "natürlich schuldig gemacht". Und wenn ÖVP-Chef Sebastian Kurz behaupte, in seiner Zeit als Kanzler von alldem nichts gewusst zu haben, "dann glaube ich ihm kein Wort".

ÖVP-Mandatar Wolfgang Gerstl sah in der roten Aufregung ein "durchschaubares Ablenkungsmanöver" angesichts der jüngsten Wahldebakel und maroden Parteifinanzen. Löger sei es als Finanzminister ausschließlich darum gegangen, "österreichische Interessen" zu wahren. "Sollte es aber im Hintergrund kriminelle Absprachen und Zusagen vonseiten der FPÖ gegeben haben, dann ist das aufs Schärfste zu verurteilen."

Forderung nach U-Ausschuss

Zeit für den blauen Meister des Rundumschlags. Herbert Kickl (FPÖ) schoss sich auf "die sozialistische Lichtgestalt" Dietmar Hoscher ein. Der rote Ex-Casinos-Vorstand sei noch weniger qualifiziert gewesen als Sidlo, deswegen habe man im Unternehmen für eine "Blitzqualifikation" für den roten Kandidaten gesorgt. "Sie haben sehr viel Butter am Kopf, wenn es um die Casinos geht", rief Kickl den roten Abgeordneten zu.

Vielleicht war es der Kontrast, der den Grünen-Chef Werner Kogler milde erscheinen ließ. "Unfähige sollte man eher nicht nehmen, denk ich", überlegte er laut. Und bei den Freiheitlichen beobachte er "eine gewisse Häufung von illegalen Aktionen, eine gewisse Häufung, dass dem Staat Geld gefladert werden soll".

Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger sah auch ein Systemverschulden: "Dieses Schlamassel entsteht dann, wenn der Staat wirtschaftlich tätig wird." Sie halte es für "denkunmöglich", dass die ÖVP von nichts gewusst hat. Ein U-Ausschuss müsse nun diesen "türkis-blauen Skandal" aufklären. Damit dürfte diese Sondersitzung nicht das letzte Kapitel der Casinos-Affäre gewesen sein, das im Parlament spielt. (Sebastian Fellner, 26.11.2019)