Die Umgestaltung des Heumarkts in der Wiener Unesco-Welterbezone sieht unter anderem den Bau eines 68 Meter hohen Hochhauses vor.

Rendering: Isay Weinfeld&Sebastian Murr

Wien – In der Diskussion über die umstrittene Umgestaltung des Wiener Heumarkts samt 68-Meter-Hochhaus in der Unesco-Welterbezone hat sich auch die EU-Kommission deutlich zu Wort gemeldet. Diese unterstützt die Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts (BVwG), wonach für das Bauprojekt eine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) durchzuführen ist.

Die EU-Kommission widmet sich in ihrem aktuellen Aufforderungsschreiben an die Republik bezüglich Vertragsverletzungen auch dem Heumarkt. Darin heißt es unter anderem, dass die Schwellenwerte für Städtebauvorhaben in Österreich zu hoch angesetzt seien. Diese Werte für eine UVP-Pflicht betragen 15 Hektar Fläche und 150.000 Quadratmeter Bruttogeschoßfläche. Praktisch seien damit "alle derartigen Projekte, die heutzutage im städtischen Umfeld möglich sind, von vornherein von der Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung ausgenommen".

Das betrifft auch das Heumarkt-Projekt, das laut EU-Kommission "als eines der wichtigsten Städtebauvorhaben in Wien seit dem Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg" gilt. Das Hochbaus mit 68,2 Metern wäre dann nicht nur das höchste Gebäude in der Wiener City, sondern stünde auch in der Sichtachse zwischen Stephansdom und Schloss Belvedere – "was zu einer vollständigen Veränderung der Stadtvedute führen würde".

Wiener Landesregierung sah keine UVP-Pflicht

Zur Vorgeschichte: Die Wiener Landesregierung als zuständige UVP-Behörde hatte im Oktober 2018 entschieden, dass keine UVP für das Heumarkt-Projekt durchzuführen sei. Der Feststellungsbescheid wurde von der Initiative Alliance For Nature vor dem BVwG bekämpft. Das Gericht entschied, dass für das Vorhaben eine UVP-Prüfung durchzuführen sei – und begründete das mit Verweisen auf das österreichische UVP-Gesetz und die europäische UVP-Richtlinie. Durch den Bau würde das schutzwürdige Gebiet der Unesco-Welterbezone "erheblich beeinträchtigt" werden, merkte das BVwG an.

Die EU-Kommission teilt diese Auffassung. Wenn für eines der wichtigsten Städtebauvorhaben in der Unesco-Zone keine UVP-Pflicht bestehe, weil es die diesbezüglichen gesetzlichen Schwellenwerte nicht überschreite, dann sei es offensichtlich, dass diese Werte ohne Berücksichtigung der Belastbarkeit der Natur in bedeutenden Landschaften und Stätten festgesetzt wurden. Die Republik Österreich muss jetzt auf dieses Aufforderungsschreiben antworten.

Verwaltungsgerichtshof am Zug

Christian Schuhböck, Generalsekretär von Alliance For Nature, bezeichnet die Rechtsansicht der EU-Kommission als "weiteren wichtigen Meilenstein". Die Causa liegt freilich noch beim Verwaltungsgerichtshof. Eine Entscheidung ist noch ausständig. Der ebenfalls damit befasst Verfassungsgerichtshof hat Anfang Oktober die Behandlung einer Beschwerde der Betreiber in dieser Angelegenheit abgelehnt. (David Krutzler, 26.11.2019)