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Pro
von Gudrun Springer

Zugegeben: Ich bin kein Fan dieses Getränks. Gaumentechnisch würde mich statt Punsch oft ein Häferl guter Tee glücklicher machen. Aber, aber. Wenn nach getaner Arbeit, an einem gefühlt seit Mittag zappendusteren Wintertag in der Redaktion jemand den Halt am Punschstand vorschlägt, hat dies aus vielerlei Gründen eine Menge Charme.

Erstens erreicht man das Ziel ohne Umwege: Auf dem Weg zur U-Bahn stolpert man im vorweihnachtlichen Wien ohnehin überall in Punschhütten. Dadurch entsteht eine durcheinandergewürfelte Kollegenrunde, und man kommt vielleicht neben jemandem zu stehen, mit dem man bisher unerklärlicherweise nur das Wort "Mahlzeit" ausgetauscht hat.

Dann zappelt man im Kreis stehend gegen die Winterkälte an und erzählt einander Anekdoten von beinahe abgefrorenen Zehen. Das verbindet.

Und wer genug hat, muss nicht einmal aufstehen, geschweige denn die Jacke suchen. Der Afterwork-Punsch ist das Feierabendbier für Pragmatiker.

Kontra
von Michael Möseneder

"Und? Gemma Bier?" oder, noch kürzer, "Biertschi?" sind in der Welt des Journalismus gängige Anfragen an Kolleginnen und Kollegen bezüglich der gemeinsamen feierabendlichen Freizeitgestaltung.

Schließlich ist man in diesem Job auch abseits des Berufs geschliffenen Formulierungen und sprachlicher Brillanz verpflichtet. "Puntschi?" würde einem richtigen Redakteur oder einer richtigen Reporterin dagegen wirklich nie über die Tastatur kommen.

Auf den ersten Blick mag es sich noch verlockend anhören, nach einem Tag in einem überhitzten und stickigen Büro an die frische Luft zu kommen. Die Verlockung verwandelt sich aber nach spätestens fünf Minuten am Punschstand in Verzweiflung: ein überzuckertes und -teuertes Gesöff; pfeifender, eisiger Wind; Gedränge, in dem man die Kollegenschaft verliert; vielleicht noch Last Christmas aus den Lautsprechern.

Danke, da doch lieber das Hopfenpago im Pub. (RONDO, 29.11.2019)