Wer nächstes Jahr in Österreich in Pension geht, verbringt durchschnittlich fast ein Drittel seines Erwachsenenlebens im Ruhestand.

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Wien/Paris – Wachsamkeit sei notwendig, ansonsten gingen Fortschritte bei der Sicherung der Altersvorsorge wieder verloren, warnt die Industriestaatenorganisation OECD. In ihrem jüngsten Pensionsbericht vergleichen die Experten, wie sich die Altersvorsorge von über dreißig Industrie- und Schwellenländern entwickelt. Das Fazit: Die gute wirtschaftliche Lage der letzten beiden Jahre habe den politischen Reformeifer gedämpft.

In vielen Ländern, darunter Österreich, wurden sogar Maßnahmen beschlossen, die das ganze System anfälliger für mögliche Wirtschaftskrisen und die mit Sicherheit kommende Alterung machen. Wie groß die Herausforderungen in den kommenden Jahrzehnten sein werden, hängt von einigen Faktoren ab. Ein Überblick:

  • Demografie

Die geburtenstarke Generation der Babyboomer geht in den kommenden Jahrzehnten in Pension. Erfreulicherweise werden die über 65-Jährigen dank steigender Lebenserwartung ihren Lebensabend deutlich länger als ihre Elterngeneration genießen. Wer in Österreich heute in Pension geht, wird im Schnitt 86 Jahre alt.

Damit verbringen die jüngsten Pensionisten voraussichtlich fast ein Drittel ihres Erwachsenenlebens im Ruhestand, wie im Bericht steht.

Das bleibt nicht ohne Folgen: Die Bevölkerungspyramide nimmt mehr die Form eines Kuppelbaus an. Im Jahr 2060 kommen in Österreich auf 100 Erwerbsfähige fast 62 Menschen im Pensionsalter (siehe Grafik).

  • Antrittsalter

Was bei der Gegenüberstellung der Jungen und Alten nicht berücksichtigt wird, sind Frühpensionen. Dabei verwendet die OECD eine komplizierte, aber unterm Strich großzügige Berechnung. Demnach verlassen Männer in Österreich den Arbeitsmarkt im Schnitt mit 63,5 Jahren, Frauen mit 60,8 Jahren. Laut Pensionsversicherungsanstalt gingen Männer 2018 durchschnittlich mit 61,3 Jahren in Pension, Frauen mit 59,3 Jahren.

Im internationalen Vergleich setzten sich Österreicher demnach eher früh zur Ruhe. Spitzenreiter in der EU bei Frühpensionen sind aber Frankreich, Belgien und Spanien.

Jedes zweite Land plant, das Pensionsantrittsalter bis 2060 anzuheben. Damit werde jedoch nur die Hälfte der steigenden Lebenserwartung ausgeglichen – zu wenig, um das System zu stabilisieren, sagt die OECD. In Österreich wird die Alterung nur dahingehend berücksichtigt, dass das gesetzliche Antrittsalter für Frauen schrittweise bis 2032 an das der Männer angepasst wird.

  • Pensionshöhe

Bei der Höhe der Pensionen belegt Österreich den dritten Platz: Österreicher gehen im Schnitt mit über 76 Prozent ihres letzten Erwerbseinkommens in Pension. Das übertrumpfen nur die Luxemburger und Italiener.

Reformen in falsche Richtung

In die Prognosen der OECD zum heimischen Pensionssystem floss nicht mehr ein, dass die sogenannte Hacklerregelung wieder eingeführt wurde. Damit dürfen Männer, die 45 Jahre gearbeitet haben, mit 62 abschlagsfrei in Frühpension. Der kolportierte rege Andrang darauf dürfte das Antrittsalter in Österreich dämpfen. Die Maßnahme soll mindestens 50 Millionen Euro im ersten Jahr kosten. Mit jedem weiteren Jahrgang steigen die Ausgaben. Hochgerechten kostet der Beschluss in 15 Jahren rund eine Milliarde pro Jahr.

Damit die Finanzierung des Systems auf soliden Beinen steht, schlägt die die OECD im aktuellen Länderbericht zu Österreich vor, dass das Pensionsalter an die Lebenserwartung gekoppelt wird. Ein Antrittsalter von 67 Jahren sei ausreichend, wenn die Leute 90 Jahre alt werden, hieß es. Die jüngsten Maßnahmen gingen in die andere Richtung. (Leopold Stefan, 28.11.2019)