Im Gastkommentar warnt der ÖVP-Politiker Gernot Blümel vor der Forderung nach "Safe Spaces" und der "Kommunikationsmaximierung" à la Facebook. Lesen Sie zur Debatte um den ÖH-Protest gegen Alice Schwarzer auch den Gastkommentar von Kulturvermittlerin Petra Unger, die Kolumne von Beate Hausbichler und den Kommentar von Lisa Nimmervoll.

Öffentlich die persönliche Meinung zu sagen war seit jeher Ausdruck eines demokratischen Grundverständnisses. Die freie, pointierte Meinungsäußerung hat seit jeher die Gemüter erregt. Und genauso gab es Bemühungen, diese einzuschränken. Es muss daher das Bestreben überzeugter Demokraten sein, die Beschneidung der freien Meinungsäußerung entschieden zu bekämpfen. Zwei solcher Phänomene, die noch immer nicht genügend Widerstand erfahren, erleben wir gerade.

Universitäten sind ein Raum der Bildung und des wissenschaftlichen Diskurses. Gleichzeitig sollen sie auch ein Ort sein, an dem sich jeder sicher und respektiert fühlt.
Foto: imago/Peter Kolb

· Im angloamerikanischen Raum gibt es die immer öfter geäußerte Forderung nach "Safe Spaces". Die Freiheit der Meinung wird hier zu Freiheit von Meinung. Der offensichtliche Irrtum der Befürworter jeder übertriebenen politischen Korrektheit liegt darin, zu glauben, die Lage von Minderheiten um den Preis der Meinungsfreiheit verbessern zu können. Nun ist diese Bewegung auch an Österreichs Universitäten angekommen. Auftritte der Feministin Alice Schwarzer und des Historikers Lothar Höbelt wurden von manchen Studierenden bekämpft. Beide Male mehr oder weniger mit dem Argument, ihre Meinungen seien unpassend oder minderheitenfeindlich.

· Soziale Netzwerke wie Facebook suggerieren ihren Nutzern, mit der ganzen Welt in Meinungsaustausch zu stehen. In Wahrheit funktionieren sie als Meinungsechokammern. Ihre Algorithmen arbeiten so, dass sie immer jene "anderen" Meinungen zeigen, mit denen wir am öftesten interagieren. Eine Auseinandersetzung mit der Meinung anderer wird so verhindert, eine kritische Urteilsbildung verunmöglicht. Facebook hat diesen Trend erkannt und zur Strategie erhoben. Mark Zuckerberg kündigte an, dass Facebook von einem "öffentlichen Versammlungsplatz" zu einem digitalen Wohnzimmer werden solle, da "die Zukunft (...) privat" sei. Eine wahrhaft zynische Formulierung. Denn auch hinter dieser Strategie steht das Ziel der Datenmaximierung, der Kommunikationsmaximierung mit dem Mittel des Ausschlusses anderer Meinungen.

Beide Phänomene müssten den Widerstand überzeugter Demokraten hervorrufen, auch in Österreich! (Gernot Blümel, 28.11.2019)