Intelligente Bausteine und Rennwagen, Drohnen und Roboter, die Kindern das Programmieren beibringen sollen: Das Kinderzimer wird digital.

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Anfang 2017 gab es viele Tränen in europäischen Kinderzimmern. Eine smarte, sprechende Puppe namens "My Friend Cayla" war nach einer Untersuchung der norwegischen Verbraucherschutzorganisation Forbrukerradet in Verruf geraten. In Deutschland wurde die Puppe sogar verboten und musste vernichtet werden. Die vermeintlich beste Freundin der Kleinen entpuppte sich nach einer Untersuchung durch Daten- und Konsumentenschützer nämlich als hinterhältiger Spion im Miniformat. Die Puppe konnte einfache Sätze aufsagen und verfügte über ein Mikrofon und eine Funkverbindung. My Friend Cayla hatte aber außerdem eine völlig ungesicherte Bluetoothverbindung zu einer Smartphoneapp, über die Unbefugte theoretisch Kontakt zu spielenden Kindern herstellen können.

Der Fall der smarten Puppe Cayla befeuerte die Diskussion um vernetztes Spielzeug im Kinderzimmer. Die Popularität der interaktiven und digitalen Spielzeuge ist ungebrochen. Laut dem britischen Analysten Juniper Research wird erwartet, dass der jährliche Smart-Toy-Umsatz weltweit von etwa sechs Milliarden Dollar im Jahr 2018 auf 18 Milliarden Dollar im Jahr 2023 steigen wird. Dieser Anstieg wird in erster Linie durch die wachsende Popularität von Spielzeug mit Smartphoneverbindung und den damit verbundenen In-App-Käufen weiterer Funktionen begünstigt.

Die vernetzte Puppe "My Friend Cayla" im Promotionsvideo des Produzneten.
My Friend Cayla

Das Angebot wächst rasant: Intelligente Bausteine und Rennwagen, Drohnen und Roboter, die Kindern das Programmieren beibringen sollen, und sogar eine intelligente Gummiente finden sich in den Regalen. Doch wie pädagogisch sinnvoll ist dieses Spielzeug, und welche Gefahren birgt es? Louise Horvath vom Österreichischen Institut für angewandte Telekommunikation hat die erste umfassende Untersuchung zu vernetztem Spielzeug in Österreich durchgeführt. Über die Popularität des vernetzten Spielzeugs sagt Horvath: "Die Eltern wollen, dass ihre Kinder an aktuellen technologischen Entwicklungen teilhaben und dabei etwas lernen. Ein Dinosaurier, der mithilfe von künstlicher Intelligenz mit dem Kind Dialoge führen kann, wird als sehr nützlich gesehen." Außerdem wollen Eltern ihren Kindern gerne auch oft genau das schenken, was sie selbst faszinierend finden.

Der Teddybär hört mit

Ist das Spielzeug einmal im Kinderzimmer, geht es vor allem darum, "wie man das Spielen mit diesem Spielzeug begleitet", sagt Katta Spiel, Postdoc an den Universitäten Wien und Leuven. Bereits mit sehr kleinen Kindern könne man zum Beispiel spielerisch über Datenschutz reden. Jene Skeptiker, die fürchten, dass die die Kleinen in Zukunft "nur mehr auf Bildschirme starren", können die Wissenschafterinnen beruhigen: "Reine Appspiele verlieren an Popularität, der Trend geht eher zu realen Spielzeugen, die gegebenenfalls auch ohne App und Vernetzung funktionieren", sagt Katta Spiel. Populär seien zum Beispiel digital-analoge Lernspiele und Anwendungen, die an das traditionelle chinesische Legespiel Tangram angelegt sind. Horvath und Spiel wollen auch eine Lanze für klassisches Spielzeug brechen, denn dieses biete den Kindern eine Projektionsfläche und sei nicht auf wenige Funktionen festgelegt.

Eltern, die sich für den Kauf eines vernetzten Spielzeugs entscheiden, rät Horvath, genau hinzuschauen. Oft sei nicht sofort ersichtlich, dass das Spielzeug für einige Funktionen eine App braucht. Außerdem müsse "ein Umdenken stattfinden", sagt Horvath. "Ein Tablet würde man auch nicht ohne viel Nachdenken spontan kaufen, und ein vernetzter Teddybär oder eine smarte Puppe sind eben nicht einfach nur ein Teddybär oder eine Puppe." Außerdem sollte auf sichere Übertragung der Daten geachtet werden. Horvath rät davon ab, Datenprofile der Kinder anzulegen und gegebenenfalls das Mikro abzuschalten, wenn der Teddybär oder die Puppe nicht mithören soll. (Olivera Stajić, 1.12.2019)