Die US-Amerikanerin Feroza Aziz spricht nicht nur über Wimpern.

Foto: Tiktok / Feroza Aziz

Peking/Washington – Dass das Internet in China stark zensuriert wird, ist nichts Neues. Nahezu alle sozialen Plattformen wie Facebook, Instagram und Twitter sowie zahlreiche Nachrichtenwebsites sind nicht frei zugänglich. Neu ist aber, dass China auch außerhalb des eigenen Staatsgebiets Zensur ausübt.

Das zumindest behauptet die US-amerikanische Tiktok-Userin Feroza Aziz. Drei Videos lud die 17-Jährige zwischen Sonntag und Montag auf die Videoplattform hoch. Eine Kopie von einem erschien auch auf Twitter und später auf Facebook sowie Instagram. Innerhalb weniger Stunden sahen Millionen Menschen den Clip. Kurze Zeit später jedoch sei ihr Konto gesperrt gewesen, erklärte Aziz auf Twitter.

Hat man den Ton ausgeschaltet, glaubt man, ein gewöhnliches Schminkvideo zu sehen. Eine 17-Jährige scheint ihren Followern zu erklären, wie man sich am besten die Wimpern stylt.

Eine völlig andere Botschaft vermittelt Aziz ab Sekunde zehn: Sie bittet ihre Zuschauer darum, jetzt die chinesischen Internierungslager in Xinjiang zu googeln, und vergleicht den Umgang Pekings mit den Uiguren mit dem Holocaust.

Terroristische Inhalte

Bytedance, so der Name der chinesischen Firma, die seit dem Jahr 2017 hinter Tiktok steckt, behauptet, der Grund für frühere vorübergehende Sperren seien terroristische Inhalte gewesen. So soll in einem ihrer Videos Osama bin Laden zu sehen gewesen sein.

Mittlerweile aber scheint der Medienrummel um das Video so groß geworden zu sein, dass Tiktok die Userin entsperrte und bei Aziz sogar um Entschuldigung bat. Weltweit verwenden 500 Millionen vorwiegend junge Nutzer die Video-App.

In den vergangenen Jahren hat sich die Zensur in China nochmals verschlimmert. Sogar der Messengerdienst Whatsapp ist ohne Virtual Private Network (VPN) nicht benutzbar. Der chinesischen Regierung geht es auch darum, eigene Tech-Unternehmen starkzumachen, indem sie den riesigen Markt vor ausländischen Unternehmen abschirmt.

Regierung will Nachrichtenfluss kontrollieren

Das weitaus stärkere Motiv der chinesischen Regierung dürfte jedoch die Kontrolle über den Nachrichtenfluss sein. So gelang es Peking auch in den vergangenen Monaten, das Narrativ über die Unruhen in Hongkong zu bestimmen: Dort seien es lediglich ein paar Krawallmacher, die Unruhe stiften, während sich die schweigende Mehrheit nichts als Ordnung und Stabilität wünsche.

Tiktok macht da keine Ausnahme. Allerdings behauptete das Unternehmen bisher, man würde nur Inhalte innerhalb Chinas zensurieren. Außerhalb der Volksrepublik seien alle Inhalte zugänglich.

Zeitgleich berichten mehrere US-Amerikaner, dass auch ihre Wechat-Accounts außerhalb Chinas gesperrt wurden. Dies geschah, nachdem sie sich über den Wahlsieg der prodemokratischen Partei in Hongkong ausgetauscht hatten.

Unerwünschte Inhalte

Bin Xie, ein chinesischstämmiger US-Amerikaner, sagte dem Magazin "Verge": "Wenn es in China Zensur gibt – meinetwegen. Aber in diesem Land?" Sein Account war gesperrt worden, nachdem er geschrieben hatte: "Die Pro-Peking-Kandidaten haben auf voller Linie verloren." Wechat gehört ebenfalls einem chinesischen Konzern, Tencent. Es handelt sich um den wichtigsten Messengerdienst in China. (pmat, 28.11.2019)