Das Unternehmen Creative kannte man lange vor allem für Soundkarten und Computer-Accessoires. Nachdem die Nachfrage nach eigener Audio-Hardware für den PC dank immer besser werdender Onboard-Audiochips aber leiden dürfte, versucht die Firma nun auch, sich andere Märkte zu erschließen. Dazu verstärkt man nun sein Engagement im Kopfhörer-Business, wo man sich mit Sony, Sennheiser, Apple und Co. matcht.

Eines der spannendsten Produkte der Firma sind dabei die Creative SXFI Air. Es handelt sich um Over-Ear-Bluetoothkopfhörer (Bluetooth 4.2) mit integriertem Mikrofon. Man kann sie aber auch mit einem Klinkenkabel, als microSD-MP3-Player und sogar als USB-Headset am Computer verwenden. Und dank "Kopfhörer-Holografie" soll das Gerät, das um 160 Euro verkauft wird, auch ein besonderes Audioerlebnis bieten. DER STANDARD hat den Tausendsassa getestet.

Foto: DER STANDARD/Pichler

"Holografie" bringt Live-Gefühl

Der "Holografie"-Teil bedarf wohl gleich näherer Aufklärung. Denn mit der eigentlichen Bedeutung von Holografie hat er freilich nichts gemein. Creative verspricht, dass sich mittels eines Ohrenscans ein individuelles Audioprofil für besonders realistischen Klag einrichten lässt. Zur Erfassung verbindet man die Hörer per Bluetooth mit dem Handy und fotografiert mit einer eigenen App beide Ohren und das Gesicht. Den Rest erledigt die Software.

Erkennbare Klangdifferenzen waren bei unterschiedlichen Ohraufnahmen zwar nicht zu erkennen, dennoch ist der per Knopfdruck einschaltbare SXFI-Modus ein spannendes Feature. Hört man damit Musik, dann klingt der Sound so, als befände man sich in meinem mittelgroßen Veranstaltungsraum. Das erzeugt in vielen Fällen ein schönes "Live-Feeling" (klappt besonders gut bei irisch inspirierter Rockmusik von Bands wie den Dropkick Murphys). Für Sprachkommunikation, oder wenn man in Games zwecks Verortbarkeit "präzisen" Sound braucht, sollte man aber wieder auf die normale Wiedergabe umschalten.

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Komfortable Overears

Verarbeitungstechnisch präsentiert sich der Kopfhörer ordentlich. Der verwendete Kunststoff wirkt wertig, es gibt keine auffälligen Kanten oder Spalten. Das Design ist relativ schlicht gehalten. Ein runder LED-Streifen mit konfigurierbarer Farbe informiert per Leuchteffekt darüber, ob die Hörer in Betrieb sind. Die SXFI Air sind gut verstellbar und bieten guten Halt. Einzig zum Sportel dürften sie nicht fest genug sitzen, die gepolsterten Overear-Ohrmuscheln sprechen aber ohnehin gegen diese Verwendung.

Das Meshmaterial, in dem die Ohren gelagert werden, fühlt sich angenehm an und ist ausreichend durchlässig, dass sich die Luft im Innenraum nur langsam erwärmt. Freilich ist aber nach einer Stunde Betrieb durchaus zu merken, dass man keine halboffenen Kopfhörer trägt. Die akustische Isolierung nach Außen ist eher mittelmäßig. Geräusche auf Zimmerlautstärke bekommt man bei leiser Wiedergabe mit. Wer sich lauter beschallt, ist aber in den meisten Situationen ausreichend gut vom Umgebungslärm abgekoppelt.

Sollten sich die Earpads mit der Zeit abnutzen, muss man deswegen allerdings keine neuen Kopfhörer anschaffen. Sie sitzen auf einer Kunststoffbasis, die mit einem einfachen Drehmechanismus befestigt ist und können somit einfach ausgetauscht werden.

Guter Sound mit kleinen Mängeln

Das allgemeine Klangbild kann abseits des Holografiemodus als sehr ausgewogen bis leicht basslastig bezeichnet werden. Das gibt dem Kopfhörer auch Vorteile bei Metal- und Rockmusik im Vergleich etwa zu vielen Pop-Stücken oder klassischer Musik. Insgesamt bieten sie aber im Grunde bei allen Audioinhalten ein angenehmes Hörerlebnis. Aufpassen sollte man bei der Lautstärke.

Dreht man zu weit hoch, wird etwas Rauschen hörbar. Allerdings betrifft das Schallpegel, von denen Ohrenärzte ohnehin eher abraten würden. Ein ganz leises Grundrauschen ist, wenn man genau hinhört, auch bemerkbar, wenn gerade gar nichts abgespielt wird. Mit meist deutlich teureren Highendlösungen konkurriert dieser Hörer also nicht.

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Knöpfe und Touch

Bedient werden die SXFI Air über drei Knöpfe und eine touchempfindliche Fläche an der Außenseite. Erstere dienen zum Ein- und Ausschalten, den Wechsel des Betriebsmodus und die (De-)Aktivierung des "Holografie"-Modus. Mit Wischen und Tippen wiederum schaltet man zwischen Liedern hin und her und verstellt die Lautstärke. Die Tastenbelegung ist etwas gewöhnungsbedürftig. Die Touchbedienung ist an sich durchdacht, gibt sich aber manchmal etwas störrisch bei der Erkennung. Zudem muss man aufpassen, mit der Außenseite der Ohrmuscheln nicht versehentlich wo anzukommen, da dies hin und wieder mit einer Eingabe verwechselt wird.

Was die SXFI Air auszeichnet ist ihre sehr flexible Verwendbarkeit. Getestet wurde die Nutzung als Bluetooth-Kopfhörer am Smartphone, mit einem Klinkenkabel und als USB-Audiogerät auf einem PC mit Windows 10. Möglich wäre auch eine Anbindung an die Playstation 4 und Nintendo Switch.

Wer genau hinhört merkt einen leichten qualitativen Klangvorteil bei der Verwendung mit Kabel (in Form eines etwas "voller" klingenden Spektrums), was wohl der notwendigen Kompression bei der Datenübertragung per Bluetooth zugeschrieben werden kann.

USB-Betrieb

Am PC registriert sich der Kopfhörer einfach als USB-Audiogerät und verrichtet fortan brav seinen Dienst. Wer sein Ohrenprofil importieren oder den virtuellen 5.1- bzw. 7.1-Surround-Modus verwenden mag, muss die zugehörige Software (SXFI Control) installieren. Über diese werden auch Firmwareupdates eingespielt und ein Equalizer mit zahlreichen vorgefertigten und selbst erstellbaren Profilen zur Verfügung gestellt.

Über letzteren dürfen sich Musik- und Heimkinofreunde freuen. Der Pseudo-Surroundsound klingt allerdings nicht sonderlich glaubhaft und ist subjektiv der in Windows integrierten Lösung ("Windows Sonic") bestenfalls ebenbürtig. Sonic oder andere Softwarelösungen kann man freilich einfach stattdessen nutzen. Im PC-Betrieb verrichteten die SXFI Air auch damit brav ihren Dienst.

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Probleme mit erstem Testgerät

Allerdings sorgte das erste Testmuster in unregelmäßigen Abständen für Probleme, die sich während der Verwendung am PC in einem Ausfall des Mikrofons und des Verweigerns jeglicher Bedienung äußerten und nur durch eine Zurücksetzung auf die Werkseinstellungen zu beheben waren. Da kein lokaler Grund für diese Schwierigkeiten ausmachbar war, übersandte Creative schließlich ein weiteres Testmuster.

Während der erste Kopfhörer etwa alle ein bis drei Tage "abstürzte", lief das neue Muster über zwei Wochen fehlerfrei. Eine Internetrecherche ergab, dass bis dahin kein anderer Nutzer den gleichen Fehler öffentlich dokumentiert hatte, weswegen hier von einem "Montagsmodell" mit Hardwarefehler auszugehen ist.

Sprachqualität für Kommunikation ausreichend

Apropos Mikrofon: Professionelle Sprachaufnahmen sollte man mit dem integrierten Aufnahmegerät nicht machen, egal ob per Bluetoothanbindung oder verkabelt. Die Sprachübermittlung klingt zwar gut verständlich und ist laut genug, zeigt sich aber leicht verrauscht und merkbar "blechern". Für Kommunikation in Spielen und bei Telefonaten ist das ausreichend, für mehr aber auch nicht.

Allerdings ist hier anzumerken, dass das Mikrofon abnehmbar ist und sich mit jedem Mikro austauschen lassen dürfte, das eine 3,5mm-Klinke mitbringt und in die Fassung passt. Und wer gar kein Mikrofon benötigt, kann stattdessen den "Gummipropfen" hinein stecken, der im Lieferumfang ist.

Bleibt noch ein Blick auf die Akkulaufzeit. Bis zu zehn Stunden soll der Kopfhörer im Drahtlosbetrieb durchhalten. In der Praxis wird dieser Wert nicht erreicht und liegt eher bei sieben bis acht Stunden Musikwiedergabe mit rund 80% Lautstärke. Die Aufladezeit – verwendet wird hier auch der USB-C-Anschluss – liegt bei etwa zwei bis drei Stunden.

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Fazit

Creative liefert mit den SXFI Air ein solides Paket mit – trotz kleinerer Macken – gutem Klang. Die komfortabel zu tragenden Hörer mit fallweise störrischer Bedienung glänzen vor allem mit ihrer vielseitigen Verwendbarkeit zwischen Bluetooth, microSD-MP3-Player bis hin zur USB-Soundlösung. Die versprochene "Audio-Holografie" ist aber eher ein Gimmick, wenngleich sie in einigen Fällen eine ganz gute "Live-Atmosphäre" erzeugt. Klangveränderungen durch unterschiedliche Ohrprofile waren nicht auszumachen.

Wer gut verarbeitete Overear-Kopfhörer mit insgesamt gutem Klangbild sucht, die sich noch dazu als Allroundlösung für fast alle Lebenslagen anbietet, sollte dieses Modell jedenfalls in die engere Auswahl nehmen. (Georg Pichler, 12.12.2019)