Der Stein markiert: Hier wird angebaut, nicht gebaut.

Foto: Bodenfreiheit

Ludesch – Ein neuer Grenzstein markiert im Ludescher Neugut neue Zeiten. "Grünzone" steht darauf, und auf der anderen Seite "In Stein gemeißelt". Der Stein wurde vom Verein Bodenfreiheit gesetzt – auf dem Feld eines Bauern, der dort Gemüse anbaut, in Sichtweite zu den Produktionsstätten von Rauch, Red Bull und Ball. Das Firmentrio wollte seine Produktionsstätten in die Landesgrünzone hinein erweitern. Die Bevölkerung von Ludesch stimmte trotz von Rauch versprochener Millionengeschenke dagegen.

Gehrecht statt Baugenehmigung

30.000 Quadratmeter Landwirtschaftsfläche stehen nun in Rauchs Nachbarschaft unter Schutz des Vereins Bodenfreiheit. Möglich wird das durch eine spitzfindige juristische Lösung. Der Verein, dessen Ziel die Erhaltung von Freiflächen ist, hat dem Gemüsebauern ein umfassendes Gehrecht abgekauft. Diese Dienstbarkeit, im Grundbuch verankert, verhindert die Bebauung und ermöglicht die landwirtschaftliche Nutzung für die nächsten 50 Jahre.

Obmann Martin Strele sieht die Grünzone als Tabuzone. Dienstbarkeiten zu kaufen sei ein Musterbeispiel zu deren Sicherung. "Obwohl es schon sehr traurig ist, dass die Zivilgesellschaft die Flächen sichern muss." Aus seiner Sicht besteht kein Grund, immer wieder Betriebsflächen in der Grünzone zu schaffen. "Wir haben 290 Hektar an gewidmeten Betriebsflächen."

Strele sieht ausreichend landwirtschaftliche Flächen als unabdingbar im Kampf gegen den Klimawandel. Sein Verein greife zu diesem Mittel, weil die Politik nichts für den Schutz der Grünzone mache.

Tabu- oder Industriezone?

Volkspartei und Wirtschaftsvertreter sehen die Grünzone als Reservefläche für Betriebserweiterungen. Umweltorganisationen sehen sie als Freifläche, Erholungsgebiet, Bauernland. 136 Quadratkilometer wurden 1977 im Rheintal und Walgau als Grünzone ausgewiesen. Der Druck der Wirtschaft, Flächen herauszunehmen, wird immer stärker. Neben dem Rauch-Projekt verhinderte die Bevölkerung den Bau einer Großbäckerei in Weiler (Bezirk Feldkirch). Die Erweiterung wird nun am bisherigen Standort der Firma ressourcenschonend durchgeführt.

Das Ziel des Vereins Bodenfreiheit ist, 100 Hektar am Rand der Landesgrünzone zu sichern. Mindestens für 50 Jahre, "auch gerne auf ewig". Der Verein kauft das Gehrecht mit einer Einmalzahlung in Höhe von einem bis zehn Prozent des Kaufpreises. Die Gegenleistung: "Dafür dürfen wir dann mindestens einmal im Jahr kreuz und quer über diese Flächen gehen."

Bodenfreiheit hat 300 Mitglieder, die monatlich zwei bis zehn Euro bezahlen. Der Verein ist eine von 13 Organisationen, die von der Landesregierung eine fünfjährige Nachdenkpause für die Landesgrünzone fordern, in der keine Flächen mehr entnommen werden dürfen. Die neue Landesregierung hat auf diese Forderung noch nicht reagiert. Ausständig sind auch noch Maßnahmen des Landes und der Gemeinde Ludesch, nachdem die Bevölkerung die Betriebserweiterung abgelehnt hat. (Jutta Berger, 28.11.2019)