Der Bauzaun wirkt wie ein Symbol dafür, dass weiter an der Vergangenheit gearbeitet werden muss. Das spitz zulaufende weiße Marmordenkmal mit der Metallkrone auf dem Revolutionsplatz im Herzen Bukarests wird gerade saniert. Und bis heute ist nicht zur Gänze geklärt, wer in der Zeit des Endes der kommunistischen Diktatur für die Gewalt verantwortlich war, die damals, vor 30 Jahren, in den rumänischen Städten ausbrach.

Wer etwa gab den Schießbefehl in Timisoara? Wann und warum wechselten die Soldaten und die Geheimpolizei Securitate die Fronten? Und wer waren die Leute, die, nachdem das Diktatoren-Ehepaar Ceausescu geflohen war, auf Zivilisten, aber auch auf das Militär schossen? Sicher ist: Ab Mitte Dezember 1989 wurden 1104 Personen getötet und 3252 verletzt.

Junge Rumänen protestieren gegen autoritäre Verhältnisse.
Foto: APA/AFP/DANIEL MIHAILESCU

Rumänien hat schon einige Prozesse der Auseinandersetzung mit dem totalitären Regime hinter sich, dutzende Menschen wurden verurteilt, Schadenersatz für erlittenes Unrecht wurde bezahlt. Das alles geschah langsam, aber es geschah – auch weil die Zivilgesellschaft darauf drängte. Sie war und ist von dem Gedanken geleitet, dass Aufklärung über die Vergangenheit eine Prävention gegen totalitäre Versuchungen in der Zukunft ist.

Rumänien hat eine lebendige Demokratie. Versuche, Reformen zurückzudrehen, treffen immer wieder auf den Widerstand vieler junger Rumänen, die auf die Straße gehen. Diese ausgeprägte Antipathie gegen autoritäre Verhältnisse zeigt auch die Reife der Gesellschaft.

Mittlerweile stellen immer mehr Töchter und Söhne Fragen an ihre Eltern, die in die repressiven Machenschaften des kommunistischen Regimes verwickelt waren. Und viele Rumänen wollen auch wissen, wie sie an dessen Ende vor 30 Jahren manipuliert wurden – weil sie das in Zukunft nicht mehr mit sich machen lassen wollen. (Adelheid Wölfl, 29.11.2019)