Ashley Spires, "Das großartigste Ding der Welt". 13,90 Euro / 32 Seiten. Jacoby-&-Stuart-Verlag, Berlin 2019
Cover: Verlag

Wer Kinder hat, kennt das: Mit Begeisterung malt, zeichnet, bastelt oder klebt der Nachwuchs im Akkord im Kindergarten seine Bilder und fragilen Bauwerke, die dann nach Hause geschleppt werden müssen, und jeder ist ein unvergleichlicher Schatz – zumindest wenn man sie mit den Augen des Kindes betrachtet.

Zu Hause stapeln sich die "Kunstwerke" dann im Idealfall in irgendwelchen Mappen. Im weniger günstigen Fall steigt man in der dunklen Nacht auf dem Weg zum Bett auf einen superspitzen Legostein und spürt, das war es, das superkreative Werk schöpferischen Nachwuchses.

Bei den Planungen zuschauen

Derzeit wohnen zu Hause zwei, die gleichzeitig Entdecker, Erfinder, Maler, Musiker, Architekten, Baumeister sind. Sie glauben fest daran, dass ihre Raketen wirklich zum Mond fliegen können und wir bald in dem Haus wohnen werden, das sie gerade mit Legosteinen entwerfen.

Bei uns Erwachsenen ist die Welt der Fantasie leider bescheidener geworden. Immerhin bleibt die Beobachtung: Es ist schön, Kindern bei ihren Planungen zuzuschauen. Diesen Blick gestattet auch die Kinderbuchautorin Ashley Spires in ihrem tollen Bilderbuch Das großartigste Ding der Welt, geeignet für Kinder ab vier.

Genau das hat sich die Heldin dieser Geschichte, ein kleines Mädchen, vorgenommen: das großartigste Ding der Welt zu bauen. Ihr zur Seite: ein kleiner Hund, der vom Haustier zum Assistenten aufsteigt. "Sie baut Dinge. Er macht Dinge kaputt", wird diese besondere Freundschaft zusammengefasst.

Um das großartigste Ding der Welt zu bauen, legen sich beide ins Zeug. Da wird mit Enthusiasmus geschraubt, gehämmert und geklebt. Fertig? Mitnichten. "Sie sind ganz erschrocken, dass das Ding nicht großartig war", heißt es. Also muss ein neues Ding erschaffen werden. Wieder werkelt das Mädchen wild drauf los. Wieder endet der kreative Prozess mit einer großen Enttäuschung. Ein Wutanfall folgt.

"Es sieht nicht richtig aus"

Die Illustrationen geben in jedem Bild die Gemütslage des Mädchens wieder, zeigen den Spaß am Werkeln genauso wie die Frustration, wenn etwas nicht so wird wie ausgemalt: "Sie sieht sich das Ding von der Seite an, ihr Assistent von der anderen (...) Es sieht nicht richtig aus."

Ein Gefühl, dass wir alle kennen. Auch Buchautorin Spires. Die Seiten sind digital erstellt worden, "mit viel Übung und Ausdauer, zwei kleineren Zornesausbrüchen sowie einem veritablen Wutanfall", hält sie fest. Wie hier gilt auch in der Geschichte: Am Ende entsteht dann doch etwas Großartiges.

Von ihrem Werk sind ja immer wieder auch die eigenen Kinder überzeugt. Ihre Sicht: Im Garten steht eine Pizzeria, eine Werkstatt, eine Kutsche. Wir Eltern sehen nur Dinge für den Mistplatz. Für manche Nachbarn sind wir die mit dem komischen Garten. Egal. Dann lieber die Kindermeinung.

Und seien Sie gewappnet: Nach der Buchlektüre werden Ihre Kinder nach Kleber, Schere, Hammer und Säge rufen. Und dann entsteht sicher auch bei Ihnen zu Hause etwas Großartiges – selbstverständlich, oder? (Peter Mayr, 6.12.2019)