Haiti (nicht im Bild) soll einen Soldaten getötet haben. In einem dieser Zwinger war er untergebracht.

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Die Flugfeld-Kaserne in Wiener Neustadt ist ein trister Ort. Am Himmel brummen Flugzeuge, auf der Erde stehen bewaffnete Soldaten und weisen den ankommenden Journalisten den Weg. Grüne Blechcontainer und -häuser stehen in der Einöde, ganz hinten trennt ein Baustellengitter den Trainingsbereich von den Hundezwingern.

Weil nach dem Tod eines Soldaten durch Hundebisse Vorwürfe bezüglich Sicherheitslücken laut wurden, will man nun zeigen: Wir haben aufgepasst. Ein Militärhundeführer führt durch die Übergangszwinger und erklärt den möglichen Hergang des Unglücks. Eigentlich seien die Hunde in der nahegelegenen Maximiliankaserne untergebracht gewesen, wegen Lärmbeschwerden hätten sie jedoch hierher verlegt werden müssen. Die Übergangszwinger, betont man, erfüllten jedoch alle Sicherheitsstandards.

Wollte eigenen Hund trainieren

Fest steht: Der später verstorbene Soldat fuhr am 13. November gegen 17 Uhr mit seinem Privatauto und seinem eigenen Diensthund Jack vor die Zwingeranlage. Er wollte – und hier beginnen die Spekulationen – vermutlich dem Hund sein "Fiepsen" abgewöhnen, indem er andere Hunde neben ihm spielen lässt. Damit sollte Jack in eine Situation kommen, die ihn unrund macht. Noch zu Mittag soll der Soldat mit Kollegen über diese Art von Training gesprochen haben.

Also ging der Soldat, so glaubt man in der Kaserne, durch ein Alu-Tor in die Anlage und ließ dieses offen. Im Anschluss dürfte er zwei Hunde – Ragna, einen sieben Monate alten Privathund, und Haiti, den 28 Monate alten Reservehund des verstorbenen Hundeführers – aus ihren Zwingern geholt haben.

Älterer Hund soll Soldat getötet haben

Hinter den Zwingern ist ein Hügel, bewachsen mit Moos und Gestrüpp, dazwischen ein Weg, keine zwei Meter breit. Dort wurde der Soldat gegen 1.30 Uhr tot aufgefunden. Die Zeit davor wird nun in der Kaserne untersucht. Man spekuliert, wie es zu dem Unfall kam, spricht von umgedrehten Autoritätsverhältnissen, von Abwehrhaltungen und darüber, warum Haiti zugebissen haben könnte. Dass der ältere Hund schuld ist, gilt in der Kaserne als sicher, der jüngere habe eine sogenannte Beißhemmung.

Keine Kameras auf dem Areal, zweite Person hätte Unfall verhindern können

Rund um die Übergangszwinger sind keine Kameras installiert, auch die Beleuchtung ist spärlich. Der Hundeführer, der durch das Areal führt, glaubt, eine zweite Person hätte das Unglück verhindern können. Dennoch: Der verstorbene Kollege habe beide Hunde gut gekannt und die Situation angemessen abgeschätzt. Sein Vorgehen sei kein unübliches gewesen.

Was genau passierte, klärt aktuell die Staatsanwaltschaft – sie ermittelt gegen einen Heeresbediensteten wegen des Verdachts der grob fahrlässigen Tötung. Der Anwalt des Opfers, Erich Gemeiner, gibt sich mit der Version des Heers nicht zufrieden, er sagt, der Offizier vom Tag habe seine Dienstpflicht verletzt, habe schon früher bemerken müssen, dass ein Tor offen sei. Man warte nun auf DNA-Ergebnisse, Sachverständigengutachten und Daten der Spurensicherung.

In der Kaserne will man nun mit externen Experten ermitteln, wie künftig Unfälle wie dieser vermieden werden können. "Vielleicht müssen wir auch unsere Einstellung ändern", sagt der Kommandant des Jagdkommandos, Oberst Philipp Segur-Cabanac. "Unsere Hunde sind zwar voll sozialisiert, aber trotzdem eine Waffe." (Gabriele Scherndl, 29.11.2019)