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Der einstige FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache dementiert, bei seiner Partei falsch abgerechnet zu haben. Doch Mitarbeiter widersprechen.

Foto: Reuters / Leonhard Foeger

Wien – Mit Ex-Chefs, die als "einfache Parteimitglieder" weitermachen, hat die FPÖ ja durchaus Erfahrung – und daraus auch die Lehre gezogen, dass sich diese abspalten und eine eigene Partei gründen können. Rund fünfzehn Jahre nach Jörg Haider sorgt nun der Ex-Obmann Heinz-Christian Strache für Daueraufregung in seiner Noch-Partei – ausgerechnet jener Politiker also, der die FPÖ kurz nach Haiders Abgang übernahm.

Nahezu täglich tröpfeln neue Informationen über private Ausgaben Straches, die dieser mit Parteigeldern gezahlt haben soll, an die Öffentlichkeit. Am Freitag wurde publik, dass er im Smartphone-Spiel Clash of Clans mit der Kreditkarte der Partei einkaufte. Am Donnerstag waren bereits Whirlpool-Reparaturen und Nachhilfestunden für Straches Sohn als unzulässige Ausgaben der Partei nach außen gedrungen.

Strache sieht das freilich ganz anders. Jegliche Rechnungen seien später vom Steuerberater der Partei sortiert worden, private Rechnungen habe er danach natürlich selbst bezahlt, so Strache auf Facebook. Im Stress sei es wohl ab und zu dazu gekommen, dass Kleinigkeiten über die Partei abgerechnet wurden, etwa Einkäufe im Supermarkt.

Dem widerspricht in ihrer Einvernahme Straches ehemalige Buchhalterin. Das Protokoll liegt Profil vor. Die selbst als Beschuldigte geführte gibt darin an, dass Strache seinem Leibwächter aufgetragen habe, private Rechnungen "umzuwandeln".

"Rucksack mit Bargeld"

"Damit meinte er, statt dieser privaten Rechnung soll eine Essensrechnung vorgelegt werden, die den Anschein einer Verbindung zu einer politischen Veranstaltung oder Tätigkeit erweckte", so die Buchhalterin. Das habe 2010 begonnen und habe sich bis zu Straches Antritt als Vizekanzler im Dezember 2017 fortgesetzt. Auch von einem "Rucksack mit Bargeld" erzählte die Frau laut Profil – für alle Genannten gilt die Unschuldsvermutung.

Damit steigt nun der Druck auf die Wiener Landespartei, die Strache ausschließen kann. Der niederösterreichische Landesrat Gottfried Waldhäusl forderte, unglücklich über das Tempo seiner Kollegen, über eine Abtrennung der Wiener FPÖ vom Rest der Freiheitlichen nachzudenken. Waldhäusl liegt freilich schon lange mit den Straches im Clinch, Auslöser war ein Streit rund um die Beißkorbpflicht für Hunde, den Waldhäusl mit Straches Frau Philippa geführt hatte. Seitdem hakeln die Straches und Waldhäusl in regelmäßigen Abständen miteinander.

Mit der Forderung nach einer Abspaltung der FPÖ Wien, die Waldhäusl wohl nicht ganz ernst meinte, soll der Druck für einen Parteiausschluss erhöht werden. Fakt ist, dass viele Probleme der FPÖ ihren Ursprung in Wien haben. Etwa das Ibiza-Video: Darauf sind Heinz-Christian Strache und Johann Gudenus zu sehen, einst Landesparteichef respektive dessen Vize. In der Casinos-Affäre sind neben Strache und Gudenus auch Hubert Fuchs und Peter Sidlo verdächtig, und im Ermittlungsverfahren rund um FPÖ-nahe Vereine wird Markus Tschank als Verdächtiger geführt – allesamt Wiener.

Strache als Nachrücker

Derzeit laufen Spekulationen, ob Strache nicht in den Wiener Landtag einziehen könnte – und zwar bereits vor einer Wahl. Denn Strache trat einst als "Bürgermeister-Kandidat" auf dem ersten Platz der Wiener Landesliste an und könnte nachrücken. "Ja, sicher versucht er das", kommentiert ein gut vernetzter Wiener Freiheitlicher die Gerüchte. Die Wiener FPÖ wollte dem Zank öffentlich entgegenwirken: Am Freitag erschien eine "Erklärung" fast aller Mandatare und Bezirkschefs, "für eine Liste nicht zur Verfügung zu stehen". Mit einer Ausnahme: Der Landtagsabgeordnete Karl Baron unterschrieb nicht – und er kann den Weg für Strache freimachen.

Waldhäusls Angriff auf die Wiener FPÖ stößt auch wegen deren Bemühen um Einigkeit auf wenig Gegenliebe. "Richtig ist, dass die freiheitlichen Landesgruppen sehr viele Freiheiten besitzen, und das ist auch gut so: Ganz im Sinne eines innerparteilich gelebten Föderalismus", sagt der Tiroler FPÖ-Chef Markus Abwerzger im STANDARD-Gespräch. Er verstehe zwar, dass Waldhäusl aufgebracht sei, wichtig sei allerdings der Zusammenhalt.

"Unsere bisherige Stärke war die Geschlossenheit vom Bodensee bis zum Neusiedler See", so Abwerzger. Und das, obwohl beim Finanzgebaren, der Listenerstellung und anderen wichtigen parteipolitischen Vorgängen in der FPÖ eine "Autonomie" der Landesgruppen herrsche, "die andere vor Neid erblassen ließe".

In der Partei wird von den Wienern dennoch ein gewisses Tempo erwartet. Eigentlich sollte Strache schon vergangenen Mittwoch ausgeschlossen werden, das Parteischiedsgericht entschied jedoch, noch Zeugenladungen zuzulassen. Dabei soll unter anderem auch Strache selbst vor dem Schiedsgericht erscheinen. (Fabian Schmid, 29.11.2019)