Die elegant-charmante Musik von Frederick Loewe macht an der Volksoper alle glücklich.

Die Sehnsucht nach ein wenig heiler Welt, nach kurzzeitigem, kurzweiligem musikalisch-szenischem Eskapismus ist dem Menschen immanent. Während heute Realitätsflüchtende von Gestalten wie Andreas Gabalier, Florian Silbereisen & Co brachialbespaßt werden, hießen die Unterhaltungsmagier der Nachkriegszeit Caterina Valente und Peter Alexander. Im Musicalbereich gab es noch keine zusammengeschweißten Best-of-Popgrößen-Vehikel, sondern exklusive, handgefertige Schöpfungen. So wie My Fair Lady, Gigi oder Brigadoon.

Alle drei Musicals stammen von Frederick Loewe & Alan J. Lerner, Letzteres wird nun an der Volksoper in einer halbszenischen Einrichtung von Rudolf Klaban gezeigt. Und der hat das gut gemacht: Auf Projektionen sieht man den schottischen Wald und das Dörfchen Brigadoon, das sich nur alle hundert Jahre für einen Tag materialisiert. Zwei Amerikaner entdecken es, einer davon, Tommy, verliebt sich in Fiona und kann sich nicht entscheiden, ob er bei ihr bleiben soll.

Derweil springen und wirbeln Ballettpaare vor dem Orchester herum, es gibt Verfolgungsjagden und Hochzeitsfeierlichkeiten, mit Blumen umkränzte Frauen und Männer in Schottenröcken. Jetzt weiß man, wo das Geld hinging, das bei der Dagmar-Koller-Gala gespart wurde. Der Chor singt dramatisch oder wundervoll schnulzig "Aaaaa!".

Eleganter Musikcharme

In einer Mischfunktion aus Märchenonkel und elegantem Conférencier erzählt Christoph Wagner-Trenkwitz von den Geschehnissen. Lorenz C. Aichner und das Orchester lassen die elegant-charmante Musik Loewes zauberhaft Realität werden: hochsensibel die Hochzeitsszene von Charlie und Jean, umwerfend das Eröffnungsmedley des zweiten Akts, bei dem Aichner das Orchester tänzerisch animiert.

Die kleinen und mittleren Partien sind teils exzellent besetzt: Jakob Semotan singt als Stuart Cameron famos, Peter Kirk (Charlie) liefert ein Hausdebüt von sonnenheller Strahlkraft, Jessica Aszodi dreht als Milchfrau Meg auf. Und das Liebespaar ist unglaublich lieb und wie füreinander gemacht: Ben Connor singt den Tommy Albright mit dunklem, weichem Bariton, Rebecca Nelsen die Fiona MacLaren mit agilem Sopran. Bei The Heather On The Hill schmilzt das Publikum dahin.

Schade, dass die Dialoge auf Englisch gesprochen werden, auch wenn der schottische Akzent der Brigadooner Charme hat. Am Schluss sagt Wagner-Trenkwitz den großen Satz: "Wenn du jemanden wirklich liebst, ist alles möglich." Touching! (Stefan Ender, 2.12.2019)