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Donald Trump und die Familie sind bei der Nato in London. In Washington geht derweil das Amtsenthebungsverfahren gegen den US-Präsidenten in die nächste Runde.

Foto: AP / Kevin Wolf

Überraschend kam die Absage nicht – und auf rhetorische Nuancen, um sie elegant zu begründen, legte das Weiße Haus keinerlei Wert. Weder Präsident Donald Trump noch die Anwälte der Regierungszentrale werden aussagen, wenn der Justizausschuss des Repräsentantenhauses am Mittwoch mit der Serie seiner öffentlichen Anhörungen beginnt, der zweiten Phase des Amtsenthebungsverfahrens.

Man werde nicht an einer parteiischen, in der Sache durch nichts begründeten Übung teilnehmen, schrieb Pat Cipollone, einer der Rechtsberater des Weißen Hauses, an Jerry Nadler, den demokratischen Ausschussvorsitzenden. In dem Brief warf er Nadler vor, zu einer "akademischen Debatte" mit Professoren eingeladen zu haben, die dem Präsidenten nicht einmal ein Mindestmaß an Fairplay garantiere. Trump will bis Mittwoch in London bleiben, um die USA auf einer Nato-Konferenz zu vertreten. Während er sein Land repräsentiere, ließen seine Gegner die "lächerlichsten Impeachment-Hearings" der Geschichte über die Bühne gehen, twitterte er.

Präsident spricht von Schauprozess

Klar scheint: Auch die zweite Runde des Duells wird im Zeichen ausgeprägten Lagerdenkens stehen. Während die Demokraten noch im Dezember ein Impeachment beschließen wollen, üben die Republikaner – bis auf wenige Ausnahmen – den Schulterschluss mit Trump. Immerhin, die Gemäßigteren hatten zu bedenken gegeben, dass Fundamentalopposition der falsche Weg sei. Den eigenen Standpunkt könne man besser darlegen, wenn man eigene Zeugen entsende. Durchgesetzt hat sich Trump mit einer Taktik, die man nur als Fundamentalopposition bezeichnen kann.

Statt zumindest hier und da Fehler einzuräumen, spricht Trump in typischer Angriffslust von einem Schauprozess. Er habe im Umgang mit der Ukraine nichts falsch gemacht.

Würde er selber – so lautet offenbar seine Logik – vor Nadlers Ausschuss erscheinen, würde er nur die eigene Position schwächen. Schon indem Trump der Opposition "Hexenjagd" unterstellt, macht er deutlich, dass er das Verfahren zu boykottieren gedenkt. Regierungsmitgliedern, die nach der Schilderung des EU-Botschafters Gordon Sondland über die Causa Ukraine im Bilde waren, hat er de facto verboten, Vorladungen Folge zu leisten.

Keine Widerrede

Im Moment gibt es praktisch keinen Republikaner von Rang, der ihm widerspricht. Daran dürfte sich nur dann etwas ändern, wenn der Rechtsausschuss dramatisch neue Fakten ausgräbt. Damit ist allerdings kaum zu rechnen. In den nächsten Tagen will Adam Schiff, der das Intelligence Committee leitet, einen Bericht vorlegen, der zusammenfasst, was dort zu Protokoll gegeben wurde über den Versuch Trumps, Kiew zu Untersuchungen gegen dessen Rivalen Joe Biden zu nötigen.

Aufgabe des Rechtsausschusses ist es, daraus die juristische Begründung für eine Absetzung abzuleiten. Dass es die demokratische Mehrheit des Komitees für gerechtfertigt hält, die Reißleine zu ziehen, daran zweifelt kaum einer. Politisch relevanter ist die Antwort auf die Frage, ob es den Demokraten gelingt, nicht nur eine größere Zahl republikanischer Politiker auf ihre Seite zu ziehen, sondern auch eine Öffentlichkeit zu überzeugen, die im Augenblick fifty-fifty gespalten ist.

Nadler hat sich das Impeachment-Verfahren Bill Clintons im Zuge der Lewinsky-Affäre 1998 zum Vorbild genommen. Auch damals lud das Judiciary Committee hochkarätige Rechtsgelehrte ein. 19 Juristen, nominiert von den Republikanern ebenso wie von den Demokraten, legten dar, ob Clintons Verhalten mit der Amtsenthebung bestraft werden sollte. Sie hatten zu definieren, was die Gründer der Republik im Ungefähren gelassen hatten. Was zulässige Gründe für ein Impeachment sind, ist in der Verfassung im Detail nicht geklärt. Die Rede ist von "treason, bribery, or other high crimes and misdemeanors", also von Hochverrat, Bestechung oder anderen schweren Verbrechen und Vergehen – was das Tor für Interpretationen weit offen lässt. (Frank Herrmann aus Washington, 2.12.2019)