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OeNB-Gouverneur Robert Holzmann ist kein Freund der Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank. Im Zinsumfeld sieht er auch den Grund für ein mögliches Überhitzen des Immobilienmarkts

Foto: Reuters/Foeger

München, London, Paris: Zahlreiche europäische Städte sind dafür berüchtigt, dass Wohnraum für viele kaum noch leistbar ist. In Österreich ist ein Dach über dem Kopf zwar vergleichsweise erschwinglich. Aber die Preise für Wohnimmobilien steigen auch hierzulande kontinuierlich an. Wohnungen sind heute mehr als doppelt so teuer wie vor zehn Jahren. Eine Wende in der Preisentwicklung ist vorerst nicht in Sicht.

Im dritten Quartal dieses Jahres lagen die Preise für Immobilien fünf Prozent über dem Wert des Vorjahres, wie aus dem neuen Finanzmarktstabilitätsbericht der Österreichischen Nationalbank (OeNB) hervorgeht. Im Vergleich zum hauseigenen Indikator ergibt sich laut OeNB eine Überbewertung für Immobilien von 14 Prozent. In Wien seien es zuletzt sogar 25,9 Prozent gewesen.

Keine Blase aber Risiko

Zwar ortet die OeNB am heimischen Immobilienmarkt keine Blase, und schon gar nicht eine, die demnächst platzen könnte. Aber die Preisentwicklung berge durchaus Risiken für das Finanzsystem, hieß es. Ausschließen könne man nicht, dass es zu einer Überhitzung des Marktes komme. "Wir werden das systemische Risiko aus der Wohnimmobilienfinanzierung sehr genau beobachten", sagte OeNB-Gouverneur Robert Holzmann: "Und wir werden sorgfältig prüfen, ob Voraussetzungen für die Aktivierung makroprudenzieller Maßnahmen erfüllt sind, und wenn ja, diese dem Finanzmarktstabilitätsgremium (FMSG) empfehlen." Ein Hebel, um einer Überhitzung des Immobilienmarkts entgegenzuwirken, wäre der antizyklische Kapitalpuffer von Kreditinstituten. Über konkrete Maßnahmen müsste aber die FMSG entscheiden.

Immo treibt Kreditwachstum

Als Grund für steigende Immobilienpreise nannte Holzmann einmal mehr die Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB), die Investitionen in Wohnraum begünstige. Werfen Spareinlagen kaum Zinsen ab, werden Immobilien als Anlagemöglichkeit attraktiver. Vor allem dann, wenn deren Preise stetig steigen.

In Österreich sei es gelungen, die Politik der EZB umzusetzen und Banken dazu zu bringen, mehr Kredite an Unternehmen zu vergeben. Aber: Fast die Hälfte des Zuwachses an Unternehmenskrediten entfiel im Zeitraum 2017 bis 2018 auf Unternehmen in immobilienbezogenen Branchen. Der Beitrag zum Kreditwachstum war damit deutlich höher als der Anteil dieser Branchen am Kreditbestand. Und auch bei Privathaushalten trieben Wohnbaufinanzierungen das Kreditwachstum.

Manche Risiken für das heimische Finanzsystem liegen in der Natur der immobilienbezogenen Wirtschaft: Immobilienprojekte haben meist großen Finanzierungsbedarf, finanzielle Rückflüsse fallen erst bei Ende des Projekts an. Die Eigenkapitalquote in der Branche ist leicht unterdurchschnittlich, die Zahl der Insolvenzen leicht überdurchschnittlich.

Lange Laufzeiten gehen zurück

Aber auch bei der Wohnimmobilienfinanzierung halten sich nicht alle Banken bei der Kreditvergabe an die Empfehlungen der Notenbank. Diese lauten: Der Kreditnehmer sollte mindestens 20 Prozent Eigenkapital zuschießen, der Schuldendienst sollte weniger als 30 Prozent seines Nettoeinkommens betragen, und überlange Laufzeiten sollten vermieden werden. Zuletzt sind zwar kaum noch Kredite mit überlanger Laufzeit vergeben worden, Schuldendienst und Beleihungsquote stagnierten jedoch.

Man werde aufmerksam sein und darauf achten, dass Kreditvergabestandards eingehalten werden, hieß es vonseiten der OeNB. Auch deshalb, weil Banken im Niedrigzinsumfeld einen Anreiz haben, geringe Margen durch eine Ausweitung des Kreditvolumens auszugleichen. Auch hätten Investoren aufgrund der anhaltend niedrigen Zinsen eine erhöhte Risikobereitschaft, heißt es im Bericht der Notenbank. (Aloysius Widmann, 3.12.2019)