Voodoo Jürgens charmierte in der Wiener Arena sein empfängliches Publikum.

Foto: Ingo Petramer

Der Schlurf schlurft auf die Bühne und grinst. Das fällt ihm leicht, er wird auch gleich sagen, dass das hier ein Heimspiel ist, und recht soll er behalten. Voodoo Jürgens trat am Montag in der ausverkauften Wiener Arena vor seine Fans, um sein neues Album vorzustellen. Am heutigen Dienstag wird er dasselbe noch einmal tun, auch der zweite Abend ist ausverkauft.

Das neue Werk heißt "'s klane Glücksspiel" und ist angesichts der – wie sagen wir es korrekt – Pfostenschacherei bei den Casinos von Heimat bist du großer Söhne so etwas wie das Album der Stunde. Wiewohl sich der gebürtige Tullner Voodoo Jürgens, den seine Mutter unter dem Künstlernamen David Öllerer kennt, weniger dem Roulette verbunden fühlt als den Gamblermaschinen, die Münzen fressen und ein Beistelltischerl für den Frühstückswein haben.

Aufgesexte Traditionsmusik

Dementsprechend beschleunigt und abgebremst fällt ein Konzert dieses Stars der jüngeren heimischen Popmusik aus. Dem gelingt das Kunststück, sich auf ältere heimische Popmusik zu beziehen, ohne dabei alt auszuschauen. Ein Ambros ohne Gletscherspalten im Antlitz. Voodoo – so steht es in gelber Leuchtschrift über der Bühne, spielt reformatorischen Austropop. Mit seiner achtköpfigen Band, der Ansa Panier, tänzelt er sich standesgemäß trinkend durch balkanisch aufgesexte Traditionsmusik, die vor allem den Auftrag hat, die zerdehnte Prosa ihres Sängers so zu befördern, dass er nicht aus der Kurve schießt.

Die Geschichten suhlen sich im Milieu des Halbseidenen, seine Helden sind immer gleichzeitig Tragöden. "3 Gschichtn ausn Cafe Fesch" ist diesbezüglich ein früher Atmosphärebringer, mit Quetsche, Stehbass, Bläsersatz und Voodoos Gemeindebauhausmeisteridiom in saurem Gold vorgetragen. Mitunter wirkt der Wien-grüßt-Belgrad-und-Bukarest-Swing ein wenig behäbig: Da furzt die Tuba, da stolpert der Hauptdarsteller, aber der Stimmung im Saal tut das keinen Abbruch. Die Figur da oben ist zu lässig ausgedacht, um nicht jene Toleranz zuzulassen, die wir uns im Zustand des Knieweichen selber wünschen würden.

Lieder von der Gitti und vom Hansi

Voodoo, 36 Jahre verpackt in ein beiges Sakko, ein Charmeur ohne Genierer, singt derweil das Lied von der "Gitti" oder das vom "Hansi". Gemeint ist der heimische Boxer Hans Orsolics, der sich einst selbst mit "Mei potschertes Leben" ein musikalisches Denkmal gesetzt hat. Solche Typen, solche Sujets bringt Voodoo live mit kleinen Tänzchen zum Leben, die man sonst nur im Espresso Zum vollen Aschenbecher kurz vor der Sperrstunde sieht – wobei die Tschikurne jetzt ja auch schon Geschichte ist.

Die Ansa Panier gibt ihm verlässlich halt, er singt das Lied vom "Ohrwaschlkräuler", beschleunigt durch "Kumma ned" oder raunzt durch "Angst haums" – lauter Titel, die klingen und dargebracht werden, als hätte Edmund Sackbauer sich von der Elektronik abgewandt und auf Gesang umgelernt. Der Saal promillisiert sich dazu maßvoll, gibt den vielstimmigen Chor, das Haus schunkelt bis unters Dach. Ein Heimspiel, hat er ja gesagt. (Karl Fluch, 3.12.2019)