Sein Bier ist nicht deppat. Eine Ikone des Wiener Grantelns: Mundl Sackbauer.

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Wien wurde gerade von hier lebenden Expats zur drittunfreundlichsten Stadt der Welt gewählt. Wir mussten uns nur Paris und Kuwait-Stadt geschlagen geben. Das deutet darauf hin, dass diese (deppaten) Ausländer noch niemals in New York waren, in Berlin mitunter glauben, charmant bedient zu werden – oder sie suchen nachts in südamerikanischen Großstädten die Freundschaft mit Gruppen von im Gesicht tätowierten Vollzeit-Straßenjugendlichen. Also, gusch!

Egal. Wem es hier nicht passt, der soll sich halt nach drüben schleichen, nach Bayern! Zeffix, das hilft ja auch nix. Dort schieben sie verwandtschaftlich bedingt ja mindestens einen genauso großen Grant wie hier. Straferschwerend kommen halt noch der FC Bayern München und BMW dazu – sowie die Tatsache, dass sie in Bayern eigentlich tendenziell schon ziemlich oft deutsche Fetzenschädeln sind. Wäh!

Blues des Südens

Johann Nestroy hat angesichts seines Wiener Habitats früh erkannt: "Ich glaube von jedem Menschen das Schlechteste, selbst von mir, und ich hab mich noch selten getäuscht." Georg Kreisler ergänzte später: "Alles hat zwei Seiten, eine schlechte und eine noch schlechtere." Grant bedeutet allerdings weitaus mehr als eine Antwort auf die Dummheit und Schlechtigkeit der Welt. Grant steht für mehr als schlechte Laune oder Mieselsucht.

Grant steht laut Autor Thomas Grasberger in seiner 2012 erschienenen Studie "Grant – Der Blues des Südens" für ein Charakterfach, in dessen Dauerzustand des Missmuts und der permanenten Oppositionshaltung mitunter poetische Höhen erklommen werden.

Große Zwietracht

Der Grantler will angesichts seiner Umwelt, die ihm ganz und gar nicht behagt, nicht nur einfach seine Ruhe haben. Er ist auch dazu bereit, diese mit aggressiver Flucht nach vorne zu erkämpfen: "Dann mach ma hoit an Bahöö, damit endlich wieder a Ruah is!" Sprachetymologisch liegen die Wurzeln des Grants im Kriegshandwerk. "Grant werre" steht für große Zwietracht, großen Aufruhr, Streit, also auch gewalttätigen Widerstand.

Grant hat nur bedingt mit Raunzen zu tun, mit Stänkern, Herumkritisieren, Schmähführen oder selbstmitleidigem Jammern. Grant ist offener Widerstand gegen alles, was oasch ist. Alles, was nicht ganz oasch ist, passt dann eh. Eh, das ist in Wien ein wichtiges Wort. Und jetzt lassts mi bitte ganz schnell anglahnt! Grant macht übrigens glücklich. Bei Lebensqualität ist Wien bei Expats regelmäßig die Nummer eins. (Christian Schachinger, 3.12.2019)