Was aus He Jiankui geworden ist, weiß niemand – seine Forschungsarbeit beschäftigt die Wissenschaft aber weiterhin.
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Washington/Peking – Vor gut einem Jahr setzte sich in Gang, was sich zur heftigsten Kontroverse in der medizinischen Forschung in der jüngeren Vergangenheit auswachsen sollte: Der chinesische Forscher He Jiankui gab die Geburt zweier "Designerbabys" bekannt: Das Erbgut der beiden durch künstliche Befruchtung gezeugten Mädchen Lulu und Nana war mit der "Gen-Schere" Crispr/Cas9 so manipuliert worden, dass sie gegen eine HIV-Infektion immun sein sollten.

Das umstrittene Experiment löste international Empörung und scharfe Kritik aus und wurde von Wissenschaftern als ethisch unvertretbar verurteilt. Die chinesische Regierung erklärte, dass He Jiankui mit seiner Forschungsarbeit gegen das Gesetz verstoßen habe und dafür eine Strafe erhalten werde. Er wurde von seiner Universität entlassen – was aus ihm geworden ist und wo er sich aktuell aufhält, ist unbekannt.

Forscher: Kein Durchbruch

Abseits der zahlreichen ungelösten ethischen Fragen hätte He Jiankui allein der mögliche Erfolg der Methode angerechnet werden können – doch selbst der wird nun in Zweifel gezogen. Ein Bericht in der "MIT Technology Review" entkräftet das von He als "medizinischen Durchbruch" gefeierte Experiment.

Die Analyse des Forschungsmanuskripts, in dem der Forscher seine Methode und Ergebnisse beschrieb, habe bestätigt, was viele Experten zuvor bereits vermutet hätten: Sein Forschungsbericht beweist nach Ansicht mehrerer internationaler Forscher nicht den Erfolg seiner Genmanipulation. Vielmehr gehe daraus hervor, dass die Genmutation jener "ähnele", die immun gegen HIV mache, mit dieser aber nicht identisch sei.

Und damit nicht genug: Im Erbgut der beiden betroffenen Babys, über deren Gesundheitszustand nach wie vor keine Details bekannt sind, könne es sogar zu unvorhergesehene Mutationen gekommen sein. Im Anhang des Forschungsberichts enthaltene Daten würden zeigen, dass an einigen Stellen des Erbguts der Zwillingsmädchen Manipulationen vorgenommen wurden, deren Folgen bisher unabsehbar seien. (red, 4. 12. 2019)