Elena (vier) und Jakob (sieben) spielen gerne mit ihren Bausteinen im Wohnzimmer. Mit viel Geduld bauen die beiden Kinder Türme, Häuser und Ställe für ihre Tiere. Wenn es aber ums Aufräumen geht, dann fangen die Kleinen an zu weinen und betteln darum, ihr Spielzeug so stehen zu lassen. Manchmal schreit Jakob voller Wut und Zorn seine Eltern an, bis die Mutter selbst alles wegräumt.

Alexander und seine Frau Johanna haben ziemlich gegensätzliche Vorstellungen darüber, wie sie ihre Kinder Noah (vier) und Jasmin (zwei) erziehen möchten. Während die Mama streng und klar ist, ist der Papa selten ungehalten mit seinen Kindern. Deswegen streiten die beiden Erwachsenen oft.

Angela ist 14 und ihre Schwester Larissa 16. Beide sind lieber mit ihren Freundinnen unterwegs, als zu Hause zu sitzen und zu lernen. Während Larissa gerade noch den Aufstieg in die nächste Klasse geschafft hatte, muss Angela das Jahr noch einmal wiederholen. Die Eltern bestehen darauf, dass sie erst ihre Schularbeiten erledigen, bevor sie ihre Freizeit genießen. Daran halten sich die Mädchen aber nicht wirklich.

Warum Erziehung?

Weshalb Erwachsene Kinder erziehen, liegt wohl unter anderem darin begründet, dass aus den Kleinen einmal verantwortungsbewusste, glückliche und starke Erwachsene werden sollen, die mit beiden Beinen im Leben stehen. Neben Glück und Zufriedenheit ist die Bewältigung von Höhen und Tiefen ein eminent wichtiger Faktor, der darüber entscheidet, wie der Nachwuchs von einem Erwachsenen bewertet und empfunden wird.

Klare Regeln und Standpunkte, die auch eingehalten werden – für Kinder notwendig.
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Bloß nicht so wie meine Eltern

Viele Menschen nehmen sich vor, nicht so wie die eigenen Eltern zu erziehen. Aus diesem Druck heraus, nicht in dieselbe Kerbe zu schlagen, entsteht ein Teufelskreislauf. Aus der Befürchtung heraus, etwas falsch zu machen und später von den erwachsenen Kindern Vorwürfe für ihre Erziehung zu erhalten, entsteht der Versuch, den Kindern in vielen Bereichen möglichst große Eigenständigkeit zuzutrauen. So haben einige Erwachsene die Strenge der Mutter und die Autorität des Vaters im Kopf oder die Ungerechtigkeiten, die damals als Kind erlebt wurden.

Kinder brauchen Eltern und Bezugspersonen, die Position beziehen, ohne Angst dafür später mit Verachtung und Vorwürfen konfrontiert zu werden. Kinder brauchen Erwachsene als Vorbilder, die zu ihren Auffassungen und Meinungen stehen und sich auf die Auseinandersetzung und das Aushandeln von Positionen, das Verhandeln von Möglichkeiten und auch Zugeständnissen einlassen können.

Eltern und Bezugspersonen, die ihre Erziehung reflektieren

Kinder brauchen Regeln und Klarheit. Es ist wichtig für ein gesundes und glückliches Aufwachsen, zu wissen, was von ihnen erwartet wird. Kinder brauchen Reaktionen auf ihre Handlungen und Antworten darauf, wie und unter welchen Bedingungen ein Miteinander funktionieren kann. Kinder und Jugendliche haben ein Recht darauf, dass Erwachsene sie schützen und in ihrer Klarheit Aussagen treffen, die natürlicherweise nicht immer Gefallen finden können.

Meist können Eltern das ganz gut, wenn es um die Sicherheit und die Gesundheit des Kindes geht. Diese für sie intuitiven und natürlichen Grenzen werden von Eltern und Bezugspersonen als selbstverständlich angesehen. Sobald es unterschiedliche Ansichten zu Übereinkünften gibt, fällt es Erwachsenen deutlich schwerer, ihren eigenen Standpunkt zu vertreten. Es passiert, dass Eltern und Bezugspersonen aus Angst, dem Kind etwas Schlechtes zu tun, unbeabsichtigt die eigenen Grenzen zurückstellen.

Kein Kind hängt gerne in der Luft und ist nur sich selbst überlassen. Es sucht Menschen, die Orientierung geben. Regeln und nachvollziehbare Aussagen sind keine Strafe, sie sind Hilfen für Kinder und Jugendliche, sich in einem neuen und unbekannten Kontext adäquat zu verhalten und zu lernen, dass das Miteinander aller Menschen auf Konventionen aufbaut, die wir uns selbst erschaffen haben.

Der Mensch lebt in Gemeinschaft

Die allerwenigsten Menschen leben für sich allein. Deshalb ist es notwendig, dass Kinder den Umgang mit Auseinandersetzung lernen. Es ist die Aufgabe der Eltern, den Kindern gesellschaftliche Regeln und Verhaltensweisen zu vermitteln. So entstehen Sicherheit und Selbstvertrauen, die das Kind braucht, um später in die eigene Persönlichkeit und das Umfeld Vertrauen zu haben.

Das eigene Verhalten ausloten

Klar ist, dass Kinder und Jugendliche oftmals Lust haben, gegen Regeln und Konventionen zu verstoßen. Dies führt zu Reibereien und Problemen, ist aber in manchen Phasen des Erwachsenwerdens notwendig, um eigene Werte ausbilden zu können. Wünschenswert für Kinder ist es, dass sie in der Erziehung liebevollen Eltern und Bezugspersonen begegnen, die in sich und ihre Fähigkeiten vertrauen, sich trauen, auch Fehler zu machen, und nicht perfekt sein wollen.

Ihre Erfahrungen?

Was versuchen Sie in der Erziehung Ihrer Kinder anders zu machen als Ihre Eltern? Welche Normen sollten Sie Ihrer Meinung nach Ihrem Kind beim Erwachsenwerden mitgeben? Wann und in welchen Situationen fällt es Ihnen schwer, im Umgang mit Ihren Kinder Position zu beziehen? Welche Konventionen Ihrer Eltern finden Sie für Ihr Leben hilfreich, und wofür sind Sie Ihren Eltern dankbar? Posten Sie Erfahrungen und Ideen im Forum! (Andrea Leidlmayr, Christine Strableg, 6.12.2019)