Es war Liebe auf den ersten Blick. Sagt er. Bei ihr hat es, sagt sie, ein bisserl länger gedauert. Aber bald hat auch sie sich entschlossen, ein für alle Mal. Unlängst feierten Manfred und Sigrid Feiler aus Schützen am Gebirge den 45. Hochzeitstag. Mit drei Söhnen, drei Schwiegertöchtern, den drei Enkerln. Das turtelnde Liebespaar ist zu einer Großfamilie geworden.

Sigrid (links) und Manfred Feiler (3. von rechts) mit ihrer groß gewordenen Familie um sich.
Foto: www.corn.at , Heribert CORN

Eine schöne Geschichte ist das. Zu kitschig fast, um sie in einem Tagblatt zu erzählen, in dem ansonsten vom Glück nur wenig die Rede ist. Schon gar nicht von so einem geglückten. Gerne lassen die Eheleute Feiler sich auch nach 45 Jahren anmerken, dass und wie sehr sie noch eine Freude haben aneinander.

Ja, sagen sie, es ist ein Glück. Aber auch das Bemühen, nicht gleich Lebewohl zu sagen bei ungünstigem Wetter. Joe South, der große Singer-Songwriter – sang einst vom Rosengarten, den er – "I beg your pardon" – nie versprochen habe. Sondern: "There’s gotta be a little rain some time." Der lässt sich aushalten, solange man einander ein Schirm sein will.

Dem jungen Manfred aus Gols war das vielleicht nicht so klar im Testosterontaumel. Damals im Check, einer weithin gerühmten Diskothek in Neusiedl, widerfuhr ihm der magische Blick. "Sie war das schönste Mädchen. Die oder keine, hab ich gesagt."

Das gute Herz

Sie, die Sigrid Döltl, Wirtstochter aus Schützen, hat es dann in einer Winternacht erwischt. "Es hat geschneit." Wenn es im Burgenland schneit, schneit es nicht selten waagrecht, und nicht selten türmen sich dann betonharte Wechten. "Da ist einer gestanden. Ich hab gesagt: ,Fahr weiter.‘ Aber er hat gemeint: ,Das kann ich nicht, der hat eine Panne.‘ Und da ist mir klargeworden: Der hat ein gutes Herz. Mit dem könnt’s was sein."

Und es wurde was. Er zog von Gols nach Schützen. Sie versuchte eine Zeitlang, das Wirtshaus – einen riesigen alten Einkehrhof – als Café weiterzuführen. Aber schon damals begann das bis heute anhaltende Wirtshaussterben. Dann kamen die Kinder. Die gelernte Koch-Kellnerin wurde Mutter.

Er tat, was viele Burgenländer bis heute tun. "27 Jahre lang bin ich nach Schwechat gependelt, zu einem Architekten- und Baumeisterunternehmen." Danach hat er sich selbstständig gemacht mit einer Baumeisterei in Schützen. "Ich hab gut verdient", sagt er. War notwendig. Der gelernte Bautechniker ist ja Vater geworden.

Die abgerundete Familie

Ein klassischer. Den ersten beiden Buben – dem René und dem Thomas – hat er beim Aufwachsen nur am Rande zuschauen können. Beim Nachzügler – dem Markus Domenik – hatte er dann schon mehr Zeit fürs Kind. "Sie hat noch ein Kind gewollt", sagt er. "Ich wollte ja immer ein Mädchen", sagt sie. Jetzt hat sie drei Schwieger- und drei Enkeltöchter. Sie runden die Feilers ab zu einer Sippe, die dann in der nächsten Generation, jener der Enkerl, wohl anfangen wird zu diffundieren.

Oder auch nicht. Jedenfalls wenn es nach der Stammmutter Sigrid geht. Sie ist die Managerin der Familie, das Gravitationszentrum. "Mindestens einmal im Jahr fahren wir alle gemeinsam auf Urlaub." Der Tisch im Hotel muss entsprechend groß sein. "Auf den Reservierungskarterln steht immer Gruppe Feiler. Nicht Familie." Familie: das wäre deutlich kleiner.

Wie es geht, fast ein halbes Jahrhundert zusammenzubleiben, trotzend allen Allfälligkeiten – dafür gibt es wohl kein Rezept. "Ich mache immer, was er sagt", sagt sie. Nach einer schönen dramaturgischen Pause fährt sie fort: "Und er macht, was ich sage." Ja, nach 45 Jahren sei das kein Widerspruch. "Wir sind zusammengewachsen."

2007 wäre er fast Bürgermeister geworden, hat sich breitschlagen lassen, den SPÖ-Ortschef zu machen bis heuer. "Zwei Stimmen haben 2007 gefehlt." Die Söhne folgen ihm weder ins Politische noch in der Firma.

Sie schätze an ihm, "dass er alles so gern isst, was ich mache". Das sagt nicht das Hausmütterchen, sondern die gelernte Köchin, die sich ihrer Kunst versichert. Er schwärmt davon, "dass sie so gescheit ist". Kein Wunder, meint sie, "ich bin eine gelernte Mutter". Mit allen Söhnen habe sie ja deren Schulkarriere geteilt.

Vor vier Jahren, zum Sechziger des Vaters, schenkten die Kinder ein Familienwappen. Ein echtes, mit Brief und Siegel, eingetragen bei der heraldischen Gesellschaft: "Der Wappen-Löwe" unter der Registriernummer 2604-03/15. Und das wohl nicht nur als Anerkennung für die Eltern, sondern auch als einen Ansporn für sich selber. Denn die alten Feilers mit ihrer Lebenskunst sind, wenn man so will, auch eine Vorgab’ für die Jungen. (Wolfgang Weisgram, 7.12.2019)