Eine Patientin hat starke Bauchschmerzen und wird auf eine Reise durchs Gesundheitssystem geschickt. Nach acht Wochen sind ihre Beschwerden kaum besser.

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Karin Pollack beschäftigt sich von Berufs wegen mit Gesundheit – und hört zu, wenn Bekannte von Erlebnissen mit dem Gesundheitssystem erzählen.

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Das österreichische Gesundheitssystem ist nicht selten ein wirkliches Labyrinth. Solange man keine oder nur vorübergehende Krankheiten hat, merkt man das nicht. Die wahren Tücken tauchen erst dann auf, wenn man gesundheitliche Probleme bekommt. Eine Bekannte schildert folgenden Fall. Ihre Mutter hat seit Wochen starke Bauchschmerzen, vor allem eine halbe Stunde nach dem Essen sind die Beschwerden besonders unangenehm. Nach zehn Tagen leiden ("Es ist eine Bauchgrippe") wird sie unsicher. Also: zum Hausarzt. Der untersucht sie erst gar nicht und verschreibt Pantoprazol, ein Medikament, das die Magensäureproduktion reduziert.

Langes Warten auf Termine

Doch nach einer Woche sind die Beschwerden nicht besser: Die Patientin geht also noch einmal zum Hausarzt. Sie hat mittlerweile schon vier Kilo abgenommen. Er schlägt vor, dass sie entweder ins Spital oder zu einem Internisten im niedergelassenen Bereich gehen soll: Zur Gastroskopie, abklären warum die Beschwerden nicht aufhören. Der Patientin fällt die Entscheidung nicht leicht, denn sie hat schon oft in der Zeitung gelesen, dass man nicht ohne schwerwiegenden Grund in eine Ambulanz gehen darf. Ist ihr Bauchweh schwerwiegend?

Sie geht also zum niedergelassenen Internisten und erfährt, dass sie mindestens zwei Wochen warten muss, bis ein Termin zur Gastroskopie frei ist. Das macht sie. Hat weiter jeden Tag Bauchweh. Die Gastroskopie ist unauffällig, sagt der Internist. Die Ursachen für das Bauchweh bleiben ungeklärt. Auf eine Koloskopie im niedergelassenen Bereich müsste sie wieder zwei Wochen warten, genauso wie auf eine Untersuchung in der Computertomographie. Die Patientin hat zu diesem Zeitpunkt bereits sechs Kilo abgenommen.

Dann doch in die Ambulanz

Bald ist sie so verzweifelt, dass sie doch eine Krankenhausambulanz aufsucht. Die Überweisung hat sie vom Hausarzt für alle Fälle bekommen. Dort tastet ein Arzt zum ersten Mal ihren Bauch ab. In zehn Tagen könne sie zur Gastroskopie und Koloskopie kommen – und nein, die Resultate vom Internisten sind nicht notwendig, das Spital wird alles noch einmal selbst wiederholen. Also eine erneute Gastroskopie und – neu – eine Koloskopie. Diagnose: eine schwere Gastritis. Aber die Patientin kann nach Hause gehen. Außer für die Magensäurehemmer bekommt sie kein Rezept.

Und das Bauchweh hört nicht auf. "Es kann schon sechs bis acht Wochen dauern, bis es abheilt", hört sie vom Arzt. Mittlerweile sind fast sechs Wochen seit dem Beginn ihrer Beschwerden vergangen. Die Patientin ist sich sicher, dass ihr niemand helfen kann – und sie jetzt mit den Beschwerden leben muss. Das macht sie depressiv. Das österreichische Gesundheitssystem kann nichts gegen ihre Beschwerden ausrichten. Weder Hausarzt noch Internist noch Spital. Und so hofft sie weiter, dass es eines Tages wieder gut wird. (Karin Pollack, 8.12.2019)