Österreichische Soldaten sind etwa im Kosovo unterwegs – und werden dort auch von Abwehramtsmitarbeitern beschützt.

Foto: Bundesheer

Die 32-jährige Soldatin M. ist ein Musterbeispiel für Integration: 2006 beschloss die Österreicherin mit türkischen Wurzeln, beim Bundesheer arbeiten zu wollen. Es folgten einige Stationen, bis sie beim Abwehramt landete. Das warb sie gezielt an, um ihre türkischen Sprachkenntnisse nutzen zu können.

So kam es, dass M. für die Republik durchaus riskante Einsätze ausführte, etwa in einem "muslimischen Land und in Zusammenarbeit mit nachrichtendienstlichen Elementen" anderer Länder. Das Abwehramt dient dem Eigenschutz des Heeres, auch bei Auslandseinsätzen. Österreich ist unter anderem im Kosovo und in Mali aktiv. Abwehramtsmitarbeiter evaluieren die Gefahr für Soldaten, etwa indem sie sich unter die Bevölkerung mischen. Das tat auch M., bis sie 2017 schwanger wurde. Sie trat ihre Karenz an und bewarb sich dann für zwei Stellen in Österreich – bei einer soll sie die einzige Bewerberin gewesen sein. Es folgte eine Absage.

Erdoğan als Hinderungsgrund

Daraufhin kam es zu einem Gespräch mit Abwehramtsleiter Rudolf Striedinger. Die Mitarbeiterin behauptet, er habe ihr darin mitgeteilt, dass sie wegen geänderter Lebensumstände – etwa der Geburt ihres Sohnes –, vor allem aber wegen ihrer "türkischen Wurzeln" für "sensible Aufgaben im Abwehramt nicht infrage" komme. Denn das Amt bearbeite seit "zwei Jahren" auch das "Thema Erdoğan", also die Einflussnahme des türkischen Präsidenten im Ausland. M. warf dem Abwehramtsleiter daraufhin vor, sie "wegen ihrer Herkunft diskriminiert und gemobbt" zu haben – und wandte sich an die Parlamentarische Bundesheerkommission. Das geht aus ihrem Schreiben hervor, das aus Parlamentskreisen an den STANDARD und "Österreich" gelangt ist. Die Kommission sah "keine Berechtigung" für ihr Anliegen; die Staatsanwaltschaft nahm nach einer Anzeige keine Ermittlungen auf.

Eine Gruppe kritischer Abwehramtsmitarbeiter, die ein Konvolut an Missständen verfasst haben, sieht den Fall als Beispiel für mangelnde Wertschätzung der eigenen Mitarbeiter. Sie behaupten, dass eine Freundschaft zwischen dem Ex-Abgeordneten Otto Pendl (SPÖ), der der Kommission mit vorsitzt, und Abwehramtsleiter Striedinger besteht. Das dementiert die Kommission. Dort hätten alle Parteien eine Stimme, diese Entscheidung sei ohne Gegenstimme erfolgt. Allerdings wurden mehrere Beschwerden aus dem Abwehramt abgewiesen.

Bundesheer dementiert

"Diese Kommission steht wohl über jeder Kritik", sagt Bundesheer-Sprecher Michael Bauer. Pendl und Striedinger seien zwar miteinander bekannt, aber nur dienstlich. Und zum konkreten Fall heißt es aus dem Bundesheer, dass es "vor Einbringen der Beschwerde" ein Gespräch zwischen dem Abwehramtsleiter und der Frauenbeauftragten gegeben habe und die Frau "jenen Arbeitsplatz, den sie selbst angestrebt hat, haben wird". Im Konvolut kritischer Mitarbeiter wird das bezweifelt. Es liegt mittlerweile nicht nur dem STANDARD und "Österreich", sondern auch den Neos vor.

"Für eine Beschwerdeführung ist es verstörend", dass keine Begründung für die Abweisung der Beschwerde erfolgt, sagen die Neos-Abgeordneten Douglas Hoyos und Stephanie Krisper. Letztere hatte zuletzt die Causa eines mutmaßlich mobbenden BVT-Abteilungsleiters thematisiert. "Je abgeschlossener ein System ist, umso wichtiger ist es, dass die Beschwerdestelle unabhängig ist", sagt Krisper. (Fabian Schmid, 5.12.2019)