Wenn die Familie wächst, wird schnell eine größere Wohnung nötig. Diese zu finden ist aber schwierig.

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Im Projekt Que(e)rbau in der Seestadt Aspern (Architekt: Clemens Kirsch) ist Platz für alternative Familienformen. Hier ist eine "gekoppelte Wohnung" entstanden.

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Im Projekt Dittelgasse im 22. Bezirk der WBV-GPA (Architekt: Moosmann) entstehen 53 Familienwohnungen.

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Seit vier Jahren sucht Manuela nach einer Vier-Zimmer-Wohnung für ihre Familie im 17. Bezirk. Passende Wohnungen sind teuer geworden: 1500 Euro und mehr würden schon verlangt, sagt Manuela. Auch Nadja ist mit ihrer Familie auf der Suche. Sie möchten in den zweiten Bezirk. Unlängst besichtigten sie eine 62 Quadratmeter große Wohnung. Die Mietvorstellungen des Eigentümers lagen bei 1300 Euro.

Manuela und Nadja werden weitersuchen. Dabei werden in Wien 2020 so viele Wohnungen fertig wie nie. 5000 Eigentumswohnungen, 3700 freifinanzierte Mietwohnungen und 6600 geförderte Wohnungen werden übergeben, wie die Bauträger-Datenbank Exploreal kürzlich ermittelte. Darunter werden aber nur wenige Familienwohnungen sein.

Ein Grund dafür: In den letzten Jahren wurden viele Wohnhäuser weniger für Mieter als für Investoren gebaut, erklärt der Immobilienmakler David Breitwieser von Optin Immobilien. Die Häuser werden während der Bauzeit an große Versicherungen, Pensionsfonds oder Vorsorgekassen verkauft. Diese legen nicht nur ihr Geld an, sondern erzielen mit den Mieteinnahmen eine Rendite. Und diese ist bei kleinen Wohnungen höher als bei großen.

Suche im Bestand

Der Boom der kleinen Wohnungen ist aber auch für Wohnungssuchende nicht nur schlecht: Die Einheiten sind viel besser durchdacht als früher. Auf 60 Quadratmetern geht sich heute oft schon eine Drei-Zimmer-Wohnung aus. Spätestens ab dem zweiten Kind wird es für viele Familien dennoch eng. Dann beginnt für viele eine Odyssee wie bei Nadja und Manuela.

"Es ist ein bisschen eine Marktlücke", bestätigt Richard Buxbaum, Wohnimmobilienexperte bei Otto Immobilien. Bei Neubauprojekten für Eigentümer können – zahlungskräftige – Käufer sich in vielen Fällen zwar zwei kleinere Wohnungen zusammenlegen lassen. Familien auf der Suche nach einer Mietwohnung werden laut Buxbaum aber eher im Bestand fündig. Etwa in Häusern aus den 1950er- und 1960er-Jahren, die von der Raumaufteilung her meist besser als viele Altbauten mit Durchgangszimmern oder unbelichteten Zimmern sind.

Viele Familien versuchen ihr Glück auch im gemeinnützigen Wohnbau: Die WBV-GPA stellt im kommenden Jahr zum Beispiel in der Dittelgasse im 22. Bezirk ein generationenübergreifendes Wohnprojekt fertig. Von den 151 Wohnungen werden 53 vier oder fünf Zimmer aufweisen und bis zu 130 Quadratmeter groß sein. Acht sind derzeit noch zu haben. Michael Gehbauer, Geschäftsführer des Unternehmens, beobachtet trotz der regen Nachfrage, dass Familien eine schwindende Zielgruppe am Wohnungsmarkt darstellen. Wichtiger seien heute Singles oder Paare mit maximal einem Kind.

Abseits der Norm

Besonders schwierig ist die Wohnungssuche für Familienkonstellationen abseits der Norm. Das Wohnen für sie neu zu denken erfordere Mut von Bauträgern und Wohnungssuchenden, sagt Architekt Roland Hampl von a-plus Architekten. Oftmals verlasse künftige Bewohner der Schneid, wenn die Umsetzung näher rückt. Am Ende werde der Grundriss dann doch klassisch.

Aber nicht immer. Hampl war einer der Initiatoren der Baugruppe Que(e)rbau in der Seestadt Aspern und dort für die Entwicklung der Grundrisse zuständig. Entstanden ist beispielsweise eine "gekoppelte Wohnung". Sie besteht aus zwei getrennten Wohnbereichen für die getrennt lebenden Eltern mit einem Verbindungsgang, an dem das Kinderzimmer des gemeinsamen Sohnes liegt. "Das funktioniert sehr gut", erzählt Hampl aus dem Wohnalltag.

Die Möglichkeit für einen solchen ungewöhnlichen Grundriss gibt es auch bei einem aktuellen Que(e)rbau-Projekt im Areal Wildgarten in Wien-Meidling. Zwei solche Wohnungen hat Hampl dort bereits mit Interessenten erarbeitet, diese stiegen aus persönlichen Gründen aber wieder aus. Ein Bereich im Haus ist jetzt noch für eine solche gekoppelte Wohnung vorreserviert. Finden sich dafür keine Interessenten, wird eine klassische Vier-Zimmer-Wohnung daraus. (Franziska Zoidl, 8.12.2019)