Das Welthandelssystem dürfte kommende Woche seinen wichtigsten Streitschlichter verlieren. Die USA verhinderten jegliche Nachbesetzung von Richterposten am obersten Schiedsgericht der Welthandelsorganisation (WTO), sodass nach dem Ende der Amtszeit zweier Richter nurmehr eine einzige Kollegin übrigbleibt – zu wenig, um rechtmäßige Entscheidungen zu fällen.

Das Motiv der USA ist klar: Die Richter in Genf legen Dispute unter Auslegung internationaler Verträge bei. US-Präsident Donald Trump setzt bekanntlich lieber auf das Recht des Stärkeren, wie er im Zollstreit mit China und anderen Ländern demonstriert. Doch das Scheitern des WTO-Schiedsgerichts liegt nicht allein an Trump.

Containerterminal Hamburger Hafen.
Foto: imago/Chris Emil Janßen

Seit knapp zwei Jahrzehnten verhandeln die 163 WTO-Länder über ein neues Regelwerk – ohne Ergebnis. Während des Stillstandes wirbelte die Globalisierung, allen voran Chinas Aufstieg, die globalen Handelsbeziehungen durcheinander. Die Entscheidungen des Handelsgerichts basieren somit auf veralteten Regeln, die betroffene Kläger wie Geklagte oft unzufrieden zurückließen.

Die großen Handelsblöcke müssen die Regeln daher dringend neuschreiben, um das Handelssystem vor Revolverhelden und ihren willkürlichen Strafzöllen zu bewahren. Ansonsten herrschen im Welthandel bald eine Gesetzlosigkeit und das Recht des Stärkeren wie einst im Wilden Westen. (Leopold Stefan, 5.12.2019)