Eigentlich stehe sie nicht gerne im Mittelpunkt, meint Lara Leik. Aber die Ohnmacht darüber, nicht gehört zu werden, habe sie dann doch auf die Straße getrieben. Im Jänner 2018 beginnt sie zu streiken, protestiert ab Tag eins mit der Linzer Gruppierung der Fridays-for-Future-Bewegung. Neben Schülern und Studierenden haben sich auch über 27.000 Wissenschafter und Wissenschafterinnen aus dem deutschsprachigen Raum als Scientists for Future zusammengeschlossen. Leik wurde von der Universität Salzburg jetzt zur ersten Scientists-for-Future-Beauftragten einer österreichischen Uni ernannt.

Der Schritt, eine offizielle, bezahlte Position zu schaffen, sei sehr wichtig gewesen, so Leik. Rekrutiert wurde sie von der Umweltpsychologin Isabella Uhl-Hädicke, die an der Uni Salzburg zu Klimawandelkommunikation und Bewusstseinsbildung forscht. Uhl-Hädicke betont den Stellenwert der unabhängigen Position: "Es gibt viele Forschende, die sich engagieren, doch sie müssen das zusätzlich zu ihrem normalen Job machen. Deswegen ist es gut, dass es jetzt diese institutionalisierte Koordinations- und Anlaufstelle gibt."

Aber was macht eine Scientists-for-Future-Beauftragte überhaupt? Die erste große Aktion fand in Vorbereitung auf den vierten weltweiten Klimastreik am 29. November statt. Dafür schrieb Leik einen Aufruf an sämtliche österreichischen Universitäten und Hochschulen und forderte alle Lehrenden dazu auf, in ihren Kursen fachspezifisch auf das Thema Klimawandel einzugehen.

Vorlesungen für die Zukunft

Schließlich nahmen 23 Universitäten an den "Lectures for Future" teil, darunter die Universitäten Wien, Innsbruck, Salzburg, Graz und Klagenfurt. Einem ersten Aufruf im Juni waren in ganz Europa mehr als 230 Dozenten aus mehr als 80 Hochschulen gefolgt.

Foto: Simon Haigermoser

Ziel ist es, ein Verständnis für die vielfältigen Facetten des Klimawandels zu schaffen: "Selbst als Biowissenschafterin höre ich von meinen Mitstudierenden oft, dass sie das Thema nichts angeht. So wird die Verantwortung immer weiter abgeschoben", sagt Leik. In der Klimawoche passten sich selbst Disziplinen wie Theaterpädagogik, Verwaltungsrecht oder Mathematik thematisch an. Ein Dozent stellte seinen Kurs etwa unter den Titel Moraltheologie im Mittelalter und bearbeitete so die Frage, wie Leute bereits vor hunderten Jahren mit Krisen wie der Pest umgegangen waren. Sie hätte sich gerne in jede der Veranstaltungen gesetzt, sagt Leik. Viele von ihnen waren drei- bis viermal so gut besucht wie sonst. Auch weil einige Kurse frei zugänglich waren. "Bei Fridays for Future denken viele immer noch, dass es nur darum geht, Schüler und Studierende aus Unis und Schulen zu holen. Deshalb wollten wir, dass die Leute in die Universitäten kommen."

Bild nicht mehr verfügbar.

Eine Jugendbewegung erreicht die Erwachsenen: Neben "Parents", "Artists" und "Entrepreneurs for Future" haben sich auch 27.000 Wissenschafter zu "Scientists for Future" zusammengeschlossen.
Foto: Reuters / Thilo Schmuelgen

Das Momentum rund um den Klimawandel hat auch auf den Universitäten Einzug gefunden, sie seien schließlich keine Parallelwelten, so Leik. Sie könnte auch doppelt so viele Stunden arbeiten, schließt jedoch nebenbei ihr Studium ab und ist weiterhin im österreichweiten Organisationsteam der Fridays-for-Future-Bewegung. Dass es so viel Bedarf gibt, war nicht von Anfang an klar: "Mittlerweile bekomme ich regelmäßig Anfragen von anderen Unis, die auch so eine Stelle schaffen wollen."

Auch Klaus Luger, Bürgermeister von Linz, schrieb in einem Brief an die ansässige Johannes-Kepler-Universität und legte ihr eine Umsetzung einer solchen Position nahe. Bis es so weit ist, versucht Leik im Sinne aller österreichischen Unis zu agieren, und schickt Interessierten etwa Scientists-for-Future-Shirts oder Stecknadeln oder organisiert Treffpunkte bei den Klimastreiks. Eine Maßnahme, die man nicht unterschätzen sollte: "Gerade für Wissenschafter ist es ein Riesending, sich so klar für eine Sache auszusprechen. Aber genau das brauchen wir im Moment." (Katharina Kropshofer, 7.12. 2019)