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Linz – Was spricht eigentlich dagegen, Kinder in die Welt zu setzen? Das Linzer Market-Institut ist dieser Frage für den STANDARD nachgegangen und bekam als häufigste Antwort: "Man ist gebunden und muss auf vieles verzichten." Das sagten 49 Prozent der Befragten – immerhin sieben Prozentpunkte weniger als in einer Vergleichsumfrage im Herbst 2013.

Der Vergleich der Daten zeigt überhaupt einen wesentlichen Trend: Die Österreicherinnen und Österreicher haben den Eindruck, dass Familienleben und Beruf heute besser vereinbar sind als noch zu Beginn des Jahrzehnts.

Kinder immer weniger Karrierehindernis

Sagten damals noch 43 Prozent, dass Kinder die Karrieremöglichkeiten behinderten, stimmen dem heute nur noch 28 Prozent zu – Frauen mit 35 Prozent allerdings deutlich stärker als Männer (20 Prozent). Auch die Aussage, dass Kinder viel Geld kosteten, findet heute mit 43 Prozent weniger Zustimmung als vor sechs Jahren, als noch 52 Prozent dieses Argument gegen die Erfüllung des Kinderwunsches ins Treffen führten.

Auf der anderen Seite bekommen die Argumente für die Elternschaft gleich viel Zustimmung wie in der früheren Umfrage: An der Spitze steht, dass Kinder viel Freude machen (78 Prozent) und dem eigenen Leben viel (zusätzlichen) Sinn geben (77 Prozent). Ökonomische Argumente spielen dagegen kaum eine Rolle: Dass Kinder für die Erhaltung des Wirtschafts- und Pensionssystems bedeutsam sind, erhält nur von 29 Prozent eine Zustimmung, die finanziellen Aspekte von Karenzgeld und anderen Beihilfen nennen nur zwei Prozent als Argument für Elternschaft.

War früher alles besser?

Das heißt allerdings nicht, dass die finanzielle Situation der Familien generell als gut gesehen würde, schränkt der Leiter des Market-Instituts David Pfarrhofer ein: "Wenn man fragt, was früher besser im Leben mit Kindern war und was heute besser ist, dann sagen zwar 59 Prozent, dass die Unterstützung durch den Staat heute besser ist – gleichzeitig sagen aber nur 30 Prozent, dass Kinder heute leichter leistbar wären als früher, 43 Prozent meinen im Gegenteil, dass man sich früher Kinder leichter leisten konnte."

Immerhin hat es hier seit der Vergleichsumfrage 2013 eine leichte Verbesserung gegeben. Die Annahme, dass es heute finanziell leichter als früher sei, Kinder großzuziehen, verändert sich mit dem Alter: Jüngere Befragte meinen, früher sei es sich finanziell besser ausgegangen, ältere Befragte meinen, es sei heute leichter.

Als heute ganz klar besser eingeschätzt wird das Angebot an Kinderbetreuungseinrichtungen (79 Prozent), an schulischer Bildung (76 Prozent) und an Sportmöglichkeiten (72 Prozent).

Kinder von Konsumverlockungen fernzuhalten ist nach Einschätzung der Österreicherinnen und Österreicher früher eindeutig leichter gewesen (82 Prozent), auch die Bewegungslust der Kinder war nach Ansicht von 72 Prozent früher größer (und wohl auch leichter zu befriedigen). 67 Prozent stimmen der Aussage zu, dass die gesellschaftliche Akzeptanz von Großfamilien mit mehreren Kindern früher höher war als heute.

Besser war dieser Umfrage zufolge früher auch die Rücksichtnahme auf Kinder im Straßenverkehr (47 Prozent gegenüber 30 Prozent, die das heute als besser gelöst wahrnehmen).

Obwohl eine überwältigend große Mehrheit bessere schulische und berufliche Ausbildungsmöglichkeiten für junge Menschen wahrnimmt, schätzt eine relative Mehrheit von 45 Prozent die beruflichen Aussichten von Jugendlichen heute im Vergleich zu früher als schlechter ein – nur 34 Prozent glauben, dass man heute mehr berufliche Perspektiven habe.

Was die neue Umfrage ebenfalls zeigt: Das Familienbild hat sich in den vergangenen sechs Jahren kaum gewandelt. Die 792 Befragten konnten sich zwischen zwei Definitionen entscheiden – 28 Prozent schlossen sich vollständig dem klassischen Familienbild an, nach dem Familie aus Vater, Mutter und Kind(ern) besteht, weitere 17 Prozent sehen diese Definition als überwiegend richtig an. Die Alternativdefinition lautete, Familie sei dort, "wo Menschen zusammenwohnen, die sich lieben und füreinander Verantwortung übernehmen". Diese weite Definition finden 18 Prozent völlig und zusätzlich 37 Prozent eher richtig.

Die gleichgeschlechtliche Ehe, schon in der Umfrage 2013 von 61 Prozent mehr oder weniger gutgeheißen, findet nach ihrer tatsächlichen rechtlichen Verankerung noch mehr Zustimmung. Der Aussage "Gleichgeschlechtliche Paare, also zwei Männer oder zwei Frauen, sollen heiraten dürfen" stimmen 42 Prozent völlig und 26 Prozent überwiegend zu. Teilweise dagegen sind 13 Prozent, völlig dagegen zwölf – Männer stehen der gleichgeschlechtlichen Ehe viel reservierter gegenüber als Frauen.

Das traditionelle Familienbild gefällt überwiegend Anhängern der Volkspartei und der Freiheitlichen, älteren und weniger gebildeten Befragten – das weiter gefasste Familienbild ist, ebenso wie die Zustimmung zur gleichgeschlechtlichen Ehe, vor allem in Städten und in Ein-Personen-Haushalten daheim.

Betreuung durch die Eltern

In den Städten gibt es auch eine höhere Zustimmung zur Aussage, dass Kinder "möglichst bald in eine professionelle Kinderbetreuung kommen sollen". Die Mehrheitsmeinung zur frühkindlichen Betreuung lautet aber (beinahe unverändert gegenüber der Umfrage von 2013), "dass Mütter und Väter sich möglichst lange um die Kinder kümmern sollen" – dem stimmen 46 Prozent völlig und 39 Prozent überwiegend zu.

Aus der Umfrage spricht allerdings auch eine deutliche Technikskepsis: Nur drei Prozent der Befragten stimmen der Aussage völlig zu, soziale Netzwerke seien "alles in allem positiv für die Kinder und Jugendlichen", 15 Prozent sehen das immerhin teilweise so.

Und viel besser wird es auch nicht, wenn man das Statement variiert: "Das Internet ist so alles in allem positiv für die Kinder und Jugendlichen." Da stimmen sechs Prozent völlig und 39 Prozent teilweise zu. Die Hälfte der Befragten hält aber das Internet für überwiegend (38 Prozent) oder völlig (zwölf Prozent) negativ für junge Menschen – und diese Einschätzung ist weitgehend unabhängig von Alter oder Bildung der Befragten. Als noch problematischer wird das Handy gesehen.

Weitestgehende Ablehnung erhält – noch stärker als 2013 – die Aussage "Eine "g’sunde Watsch’n‘ hat früher niemandem geschadet und schadet heute auch niemandem": 46 Prozent stimmen sicher nicht zu, 26 Prozent eher nicht.

Mehrheitliche Zustimmung findet die "g’sunde Watsch’n" nur bei FPÖ-Anhängern. (Conrad Seidl, 8.12.2019)