Im Fall des mutmaßlichen Auftragskillers Vadim S. fürchtet der deutsche Bundesnachrichtendienst (BND) nun um dessen Leben. Die für zivile und militärische Auslandsaufklärung zuständige Behörde hat den Mann, dem der sogenannte Tiergartenmord zur Last gelegt wird, in eine andere, geheim gehaltene Haftanstalt in Deutschland verlegen lassen. Dahinter steht die Befürchtung, dass Vadim S. in der Haft gezielt getötet werden soll, um ihn als mögliche Informationsquelle für die deutschen Ermittler zu beseitigen. Das berichtet der Sender ARD online unter Berufung auf Hinweise, die der BND erhalten haben soll.

Am 23. August wurde der 40-jährige Georgier Selimchan Changoschwili erschossen. Als tatverdächtig gilt Vadim S., dessen Ermordung der BND nun fürchtet.
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Konkret steht der russische Militärgeheimdienst GRU in Verdacht, den im August im Kleinen Tiergarten Berlins durchgeführten Mord beauftragt zu haben. Von einem Fahrrad aus wurde der 40-jährige Georgier Selimchan Changoschwili am helllichten Tag erschossen. Die Polizei nahm wenig später einen Tatverdächtigen fest, den 49-jährigen Vadim S. Auch die Tatwaffe und das Fahrrad wurden damals sichergestellt. In weiterer Folge gingen die Ermittler davon aus, dass es sich bei dem Verdächtigen um einen Mann handelt, der womöglich im Auftrag russischer Geheimdienste agierte.

Stichfester Beweis fehlt

Am Mittwoch gab der deutsche Generalbundesanwalt schließlich bekannt, die Ermittlungen an sich gezogen zu haben – mit der Berufung auf starke Indizien, dass staatliche Stellen den Mord in Auftrag gegeben hätte. Damit ist aus der Tat endgültig ein Politikum geworden. Obwohl ein stichfester Beweis dafür fehlt, dass es sich um einen von Moskau veranlassten Auftragsmord handelt, hat sich die deutsche Bundesregierung für ein deutliches Signal entschieden: Zwei Diplomaten, die für den GRU an der russischen Botschaft in Berlin akkreditiert sind, wurden ausgewiesen.

Russland, das eine Verstrickung in den Tiergartenmord zurückweist, hat umgehend eine Retourkutsche angekündigt. Es wird erwartet, dass auch BND-Personal der deutschen Botschaft in Moskau demnächst die Sachen packen muss.

Paris erklärt sich solidarisch

Nach der Ausweisung der beiden Diplomaten hat die französische Regierung ihre "Solidarität" mit der deutschen Bundesregierung erklärt. "Wir haben die deutsche Entscheidung zur Kenntnis genommen, wir verstehen sie, und wir sind solidarisch mit Deutschland", teilte der Elysée-Palast am Freitag mit.

Paris werde abwarten, "ob die deutschen Behörden gegebenenfalls ihre europäischen Partner auffordern, ihrerseits Maßnahmen zu ergreifen", erklärte die französische Präsidentschaft weiter. Die "Ermordung politischer Gegner auf dem Gebiet ausländischer Partner" bezeichnete der Elysée-Palast als "nicht hinnehmbar". (red, 6.12.2019)