Gute Stimmung für Werner Kogler und seine Partei.

Foto: Robert Newald

Linz – Als David Pfarrhofer, Leiter des Market-Instituts, durch die Ergebnistabellen der in der Vorwoche gestellten Sonntagsfrage blätterte, blieb er an einer Zahl hängen: neun Prozent. Das ist der Anteil von Wählern, die auf die sogenannte "Sonntagsfrage 1" – "Angenommen, kommenden Sonntag wären Nationalratswahlen: Welcher Partei würden Sie bei einer Nationalratswahl die Stimme geben?" – die SPÖ angegeben haben. Das ist der niedrigste je für die Sozialdemokraten gemessene Wert, in den Rohdaten liegt die SPÖ damit hinter der ÖVP (30), den Grünen (19), der FPÖ (12) und den Neos (10).

Neues Bild der politischen Landschaft

Zwar werden für die Hochrechnung noch die Antworten auf weitere Fragen sowie die wahrscheinliche Wahlbeteiligung berücksichtigt, was der SPÖ ein deutlich besseres Ergebnis bescheren würde, doch in der Analyse für den STANDARD zeichnet Pfarrhofer ein neues Bild der politischen Landschaft: "Man hat den Eindruck, dass die Grünen die neue SPÖ sind."

In den vergangenen Wochen hätten sie – nicht zuletzt aufgrund erhöhter Medienpräsenz – eine noch nie da gewesene Rolle bekommen, "da entsteht ein gewisses Overreporting, also ein Bekenntnis zu den Grünen, das es in der Wahlzelle nicht im selben Ausmaß gäbe". Und diese Sympathiewelle für die Grünen wirke sich eben negativ für die Sozialdemokratie aus.

Die Market-Hochrechnung der Sonntagsfrage sieht demnach so aus:

  • Die ÖVP könnte mit 39 Prozent rechnen, was etwa eineinhalb Prozentpunkte über dem Wahlergebnis liegt. In der (fiktiven) Direktwahlfrage könnte ÖVP-Obmann Sebastian Kurz 40 Prozent erreichen – er punktet bei älteren Befragten und bei Männern. Kurz genießt nicht nur eine beinahe vollständige Unterstützung der türkisen Wählerschaft, auch unter Neos- und FPÖ-Wählern gibt es viel Zustimmung.
  • Die SPÖ liegt in der Hochrechnung stark abgeschlagen, aber weiterhin auf dem zweiten Platz. Market schätzt sie (unter anderem aufgrund von Nachfragen an Unentschlossene bei der "Sonntagsfrage 1") auf 18 Prozent. Parteichefin Pamela Rendi-Wagner käme bei einer Direktwahl des Kanzlers allerdings nur auf acht Prozent – etwas mehr als jeder zweite deklarierte Sozialdemokrat würde sie wählen.
  • Auf dem dritten Platz der Hochrechnung liegen bereits die Grünen: 16 Prozent. In der Kanzlerfrage ist Parteichef Werner Kogler mit 14 Prozent bereits Zweiter, er punktet tendenziell eher bei Frauen und Jungwählern.
  • Die FPÖ kommt auf Platz vier, mit 15 Prozent in der Hochrechnung liegt sie etwas unter dem Wahlergebnis von 16,2 Prozent und auf einem ähnlichen Niveau wie die Grünen und nicht weit hinter der SPÖ. In der Kanzlerfrage gibt es mit neun Prozent einen (statistisch nicht signifikanten) leichten Vorsprung vor der SPÖ-Spitzenfrau Rendi-Wagner. Auch Parteichef Norbert Hofer hat die freiheitliche Wählerschaft nicht geschlossen hinter sich.
  • Die Neos können mit zehn Prozent in der Hochrechnung rechnen, rund zwei Prozentpunkte mehr als bei der Wahl. Spitzenkandidatin Beate Meinl-Reisinger würde von neun Prozent direkt gewählt, wenn das möglich wäre.

In der Hochrechnung wird berücksichtigt, dass bei einer Nationalratswahl stets auch kleine Parteien Stimmenanteile bekommen – zuletzt summierten sich diese auf 3,2 Prozent (von denen 1,9 Prozentpunkte auf die Liste Jetzt entfielen). Aktuell rechnet Market damit, dass etwa zwei Prozent der gültigen Stimmen auf Kleinparteien entfallen würden.

Die STANDARD-Umfrage zeichnet auch ein allgemeines Stimmungsbild. Auf die Frage, welche Parteien besser und welche schlechter dastehen, bestätigen 77 Prozent den Grünen, dass sie besser aufgestellt seien als noch zur Nationalratswahl; das wird auch von den erklärten Wählerinnen und Wählern anderer Parteien in hohem Maße so gesehen.

Auch der ÖVP wird von 65 Prozent bescheinigt, dass sie besser dasteht (was auch in der Hochrechnung nachzuvollziehen ist); für die Neos lautet der Wert 56 Prozent.

Der SPÖ und den Freiheitlichen wollen aber nicht einmal deren eigene Wähler attestieren, dass die jeweiligen Parteien nun besser dastünden. (Conrad Seidl, 8.12.2019)