Mit diesem Buch nahm 1986 alles seinen Anfang.
Foto: Heyne

Wer im deutschsprachigen Raum lebt und Science Fiction nicht nur sporadisch konsumiert, sondern sich ein bisschen eingehender mit dem Genre beschäftigt, dem ist es wohlbekannt: "Das Science Fiction Jahr", ein Ziegel von einem Buch (in seinen besten Zeiten war es weit über 1.000 Seiten dick), das alljährlich erscheint und alles zusammenfasst, was sich seit der vorangegangenen Ausgabe im Genre getan hat.

Neben einem umfangreichen Rezensionsteil zu Büchern, Filmen, Computerspielen und anderen Medien beinhaltet das Nachschlagewerk vor allem Essays und Artikel zu den verschiedensten Aspekten der Science Fiction, manchmal auch in Form von Schwerpunktausgaben – etwa zu den Themen Utopien, Superhelden oder wie in diesem Jahr Posthumanismus. Kurz: Das Jahrbuch brachte stets alles, was das Herz von SF-Fans begehrt; und das in einem Umfang, der seinesgleichen sucht. Man darf es mit Fug und Recht als Institution bezeichnen.

Hirnkost KG

Verlagswechsel

Ins Leben gerufen wurde es 1986 vom legendären Wolfgang Jeschke, der als Autor, Verlagslektor und Herausgeber die deutschsprachige SF geprägt hat wie kein anderer. Bis 2014 erschien das Jahrbuch im Heyne-Verlag, dessen SF-Schiene lange Zeit von Jeschke geleitet worden war. Als Heyne es aus wirtschaftlichen Gründen nicht mehr produzieren wollte, wechselte das Herausgeberteam 2015 zum Kleinverlag Golkonda, der ein ambitioniertes Programm von Phantastik bis Krimi führt und dabei auch auf Sekundärliteratur und die Geschichte des Genres Wert legt – im Prinzip also der ideale Ort für das Jahrbuch.

Doch die ökonomischen Schwierigkeiten haben es auch dort eingeholt: Während die Konstruktion der Verlage Golkonda, Europa und Scorpio durch die Insolvenz von Scorpio umgeschichtet wurde, haben die Herausgeber des Jahrbuchs ein neues Dach gesucht – und auch gefunden: den Kleinverlag Hirnkost (ehemals Archiv der Jugendkulturen) von Klaus Farin. Hirnkost hat sich bereit erklärt, die Infrastruktur für die teilweise bereits druckreif vorliegende 2019er-Ausgabe des "Science Fiction Jahrs" sowie auch für künftige Ausgaben bereitzustellen.

Die (noch) letzte Ausgabe aus dem Jahr 2018.
Foto: Golkonda

Aufruf

Was es jetzt noch braucht, ist schlicht Geld, um Herstellungskosten und Autorenhonorare abzudecken. Dafür haben zwei langjährige Mitarbeiter des Herausgeberteams, Hardy Kettlitz und Melanie Wylutzki, eine Crowdfunding-Kampagne ins Leben gerufen. Bis 19. Jänner wollen sie das erste Fundingziel, 12.000 Euro, erreichen, um den aktuellen Bedarf zu decken und einen Grundstein für spätere Ausgaben zu legen. Etwa ein Drittel war binnen zwei Tagen bereits erreicht. "Jeder weitere Cent geht ins SF Jahr 2020", schreiben sie in ihrem Aufruf zum zweiten Fundingziel, 15.000 Euro.

Spenden über die vom Archiv der Jugendkulturen gegründete Stiftung Respekt! sind ebenfalls möglich (nähere Informationen dazu im Crowdfunding-Aufruf unter dem Menüpunkt "Was sind die Ziele und wer ist die Zielgruppe?"), um die von Jeschke begründete Tradition nicht abreißen zu lassen. "Eine langjährige Tradition, die 2019 beinahe ein Ende gefunden hätte", wie die Crowdfunding-Initiatoren betonen. "Doch wir möchten dieses Buchprojekt retten und ihm eine Zukunft geben." (jdo, 7. 12. 2019)