Anders als beim Besuch von Sebastian Kurz im Weißen Haus im Februar ist Donald Trump derzeit auf Österreich nicht gut zu sprechen. Die USA bewerten die neue Digitalsteuer als böses Foulspiel.

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Donald Trump, nicht gerade als Verfechter der feinen Klinge bekannt, hat wieder einmal das Kriegsbeil ausgegraben: Nach dem Handelskriegsgegner China kommen nun auch Frankreich und ausgerechnet das kleine Österreich ins Visier des streitbaren US-Präsidenten, der angekündigt hatte, er erwäge Strafzölle gegen beide Länder.

Hintergrund seines Zorns ist die neue Digitalsteuer, die Frankreich bereits eingeführt hat und in Österreich am 1. Jänner 2020 in Kraft treten wird. In Frankreich soll sie drei Prozent, in Österreich sogar fünf Prozent betragen und auf Einnahmen aus Online-Werbungen eingehoben werden. Das allein wäre aber auch für jemanden wie Trump noch kein Grund für die Androhung eines Handelskriegs, wäre da nicht eine kleine, schlaue Gemeinheit in die Digitalsteuerpakete der beiden Staaten hineinverpackt:

Denn die neue Steuer soll nicht für alle gelten, sondern nur für Unternehmen, die einen Jahresumsatz aus Online-Werbung von zumindest 750 Millionen Euro weltweit und zumindest 25 Millionen Euro in Österreich und Frankreich jährlich vereinnahmen.

Durch diese Schwellenwerte wird das erreicht, was der damalige Bundeskanzler Sebastian Kurz bereits bei der Vorstellung des Digitalsteuerpakets im April 2019 nicht ohne Stolz versprochen hatte: Die neue Abgabe werde so gestaltet, dass sie von keinem einzigen österreichischen Unternehmen gezahlt werden müsse. Betroffen sein würden nur die US-Internetgiganten wie Google, Facebook oder Microsoft, die ohnehin bei uns viel zu wenig Steuern zahlen würden.

Verstoß gegen Diskriminierungsverbot

Was auf den ersten Blick wie eine raffinierte Idee klingt, die steuerlich in Europa bisher schwer zu fassenden US-Konzerne an einer Achillesferse zu erwischen, ist bei näherer Betrachtung allerdings ein recht durchsichtiges Foulspiel auf dem Feld des internationalen Steuer- und Zollrechts. Denn was Österreich und Frankreich hier versuchen, wird in der Praxis der internationalen Steuerpolitik als verbotenes "Ring-Fencing" bezeichnet.

Darunter versteht man die Ausgestaltung von Steuergesetzen in einer Form, die inländische Unternehmen gegenüber bestimmten ausländischen Unternehmen zielgerichtet begünstigt.

Diese Praxis verstößt gegen das Diskriminierungsverbot der OECD-Doppelbesteuerungsabkommen und ist nichts anderes als ein verdeckter Zoll auf die Dienstleistungen der im Bereich der Onlinewerbung besonders erfolgreichen US-IT-Konzerne.

Weg über die WTO

Das Diskriminierungsverbot des Doppelbesteuerungsabkommens ist allerdings nur für den Bereich der Einkommenssteuern direkt anwendbar. Hingegen wären verdeckte Zölle und die direkte oder indirekte Bevorzugung heimischer Unternehmen bei indirekten Steuern oder Förderungen typischerweise ein Fall für die WTO.

Es ist daher anzunehmen, dass – ähnlich wie bei der Bekämpfung der europäischen Airbus-Subventionen – die USA bei der Umsetzung der angedachten Strafzölle den Weg über ein WTO-Verfahren gehen werden.

Das europäische Argument, dass man die Steuerplanung der US-Konzerne auf anderem Weg nicht in den Griff bekommen könne, erinnert an die Hilflosigkeit eines Fußballverteidigers, der sich bei technischer Unterlegenheit nur mit einem Foul zu helfen weiß. Die gelbe Karte, die der erzürnte US-Präsident jetzt in Form von Strafzöllen einfordert, muss man daher als fairer Beobachter wohl als durchaus gerechtfertigt und angemessen anerkennen.

Sie kommt jedenfalls nicht unerwartet und sollte die nächste österreichische Bundesregierung vielleicht zu einem Umdenken anregen. Denn immerhin sind die USA der zweitwichtigste Exportmarkt Österreichs.

Im Rückblick erscheint es nunmehr auch viel verständlicher, warum Deutschland sich so dezidiert gegen die Einführung einer Digitalsteuer auf EU-Ebene ausgesprochen hat. Im Hinblick auf die deutschen Autoexporte in die USA wäre eine verdeckte Diskriminierung von Google, Facebook und Co ein gefährliches Spiel mit dem Feuer gewesen.

Protektionistische Farce

Als nicht ganz neue Erkenntnis bleibt für den Beobachter dieser protektionistischen Farce übrig: Anstatt immer wieder zu versuchen, die amerikanischen Technologie-Erfolgsgeschichten der letzten Jahre in Europa endlich zu besteuern, sollten wir uns einmal überlegen, warum es in Europa nicht zu diesen Erfolgen gekommen ist und wie man das für die Zukunft ändern könnte.

Dass protektionistische Maßnahmen wie "Ring-Fencing" der richtige Weg in die Technologieführerschaft sind, ist wohl sehr zweifelhaft. Einschränken der Tätigkeiten von Uber, neue steuerliche Meldepflichten für Airbnb und die steuerliche Diskriminierung amerikanischer IT-Konzernen durch die neue Digitalsteuer weisen aber leider alle in diese Richtung. Die neue Regierung wird hier hoffentlich neue Wege einschlagen. (Paul Doralt, 9.12.2019)