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Diesem Schwein in China schwant Übles auf dem Weg zum Schlachter.

Foto: Reuters/Stringer

Seit über einem Jahr hält die afrikanische Schweinegrippe China in Atem. Helfen soll jetzt ein Superschwein. Während Genforscher in Peking Jahre damit beschäftigt waren, größere Tiere mit besserem Fleisch zu züchten, arbeiten sie mit jetzt Hochdruck an einer genmodifzierten Supersau, die gegen die Schweinegrippe immun sein soll. Da Impfungen oder Medikamente bisher wirkungslos sind, wäre ein gegen die Schweinegrippe immunes Tier so etwas wie der Heilige Gral der Schweinezucht.

Schwein ist das mit Abstand beliebteste Tier in einem an für essbar gehaltenen Tieren nicht armen Land. Rund 50 Millionen Tonnen verzehren die Chinesen davon jedes Jahr – mehr als die Hälfte dessen, was sonst auf der Welt an Schweinefleisch verzehrt wird. Zwischen 20 und 40 Kilo isst jeder Chinese im Jahr.

Schweinefleisch ist in China aber auch ein Politikum. Ein Großteil der neuen Mittelschicht Chinas – grob 400 Millionen Menschen – hat in der eigenen Kindheit noch Hunger erlebt. "Früher hatten wir nur Reis und manchmal Gemüse zu essen", ist ein Satz, den man häufig hört. "Heute geht es uns gut. Wir haben jeden Tag Fleisch."

Nervosität nach Preisanstieg

Da Schweinefleisch eine so wichtige Rolle im kulinarischen Alltag spielt, haben steigende Preise revolutionäres Potenzial. In den ersten drei Quartalen dieses Jahres lag die Produktion von Schweinefleisch 17 Prozent niedriger als im Vorjahreszeitraum, zeigen Zahlen des Nationalen Statistikamts. In der Folge schossen die Schweinepreise in die Höhe – was Pekings Kader schwer nervös macht. Das Tier ist für die Volksrepublik so wichtig, dass die Kommunistische Partei Reserven angelegt hat. Von denen wurden in den vergangenen Monaten einige Tonnen auf den Markt geworfen, um den Preisanstieg zu dämpfen.

In der Folge sprang die staatlich verordnete Schweineproduktion an, im November konnten die Preise wieder stabilisiert werden. Im Norden Chinas zahlte man im November wieder weniger als 30 Yuan für ein Kilo Schwein, rund 3,80 Euro. Noch aber ist die Gefahr nicht gebannt. Viele Bauern melden infizierte Tiere nicht oder zu spät. Eine angebotene Entschädigung von umgerechnet 155 Euro pro Tier hilft nur bedingt.

Drohender Engpass

Vor allem Ende Januar droht wegen des chinesischen Neujahrsfests ein Engpass. Peking gab deswegen jüngst eine offizielle Anordnung aus, bitte mehr Schweine zu produzieren. "Der Bestand an Schweinen muss so schnell wie möglich stabilisiert werden", hieß es aus dem Landwirtschaftsministerium. Im ersten Halbjahr 2020 müsse der Schweinebestand wieder 80 Prozent dessen erreicht haben, was er vor Ausbruch der Schweinegrippe betrug. Unbedingt müsse sichergestellt werden, dass in der siebentägigen Feiertagswoche Ende Januar, in der Chinesen das Neujahrsfest feiern, ausreichend Schweinefleisch vorhanden ist.

Kein Wunder also, dass eine genetisch veränderte Supersau im Staatsinteresse liegt. "Für Wissenschafter ist momentan die brennendste Frage: Wie können wir das Schwein gesünder machen?", sagte Jianguo Zhao zu Bloomberg. Der 45-Jährige ist so etwas wie der Superstar der Superschwein-Genetik. Mittels der Crispr-Technik ist es ihm bereits gelungen, kälteresistentere Tiere mit mehr Fett zu züchten. Insgesamt 40 solcher Modifikationen hat er allein nur bei Schweinen durchgeführt.

China hat sich mittlerweile zu einer Bastion der Gentechnologie entwickelt. Mit den USA liefert man sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen, was die Investitionen betrifft. 858 Gen-Innovationen ließ sich Peking 2017 patentieren. Die USA hatten mit 872 geringfügig mehr.(9.12.2019)